Ein Jahr Kloster: Jens Vorstehers Friedens-Mission in London

Jens Vorsteher, in Wuppertal als einziger männlicher Tänzer der Formation Esprit bekannt, absolviert in einem britischen Kloster einen einjährigen Sozialdienst.

Wuppertal/London. Die helfenden Hände von „Hebefiguren-Sklave“ (O-Ton seiner Mittänzerinnen) Jens Vorsteher haben im ersten Halbjahr 2012 mitgeholfen, die jungen Damen der ASV-Jazz- und Modern-Dance-Formation Esprit in die 2. Bundesliga zu hieven. Jetzt haben seine „helping hands“ im Londoner Franziskanerkloster völlig andere Aufgaben: „Helping hands“ heißt nämlich das Projekt, in dem der 19 Jahre alte frühere Schüler des St. Anna-Gymnasiums derzeit im Auftrag der Evangelischen Kirche im Rheinland seinen freiwilligen Friedensdienst ableistet.

Seine Aufgabe dabei: In der „Friary“ wie auch außerhalb der Klostermauern bedürftigen Mitmenschen in der Nachbarschaft das Leben erleichtern. Jens Vorsteher lebt in der Acht-Millionen-Metropole, die mit 16,9 Millionen Besuchern pro Jahr die meistgefragte Stadt der Welt ist, im Kloster nicht nur mit Brother Julian und Brother Peter, sondern auch mit wohnungslosen, meist kinderreichen Familien aus England, Pakistan, Lettland, Litauen, Ghana und Portugal unter einem Dach.

„Da pulsiert das Leben“, berichtet der fröhliche junge Mann — von seinen Tanz-Kameradinnen als „quietschbunter Hahn im Korb“ bezeichnet. Er findet aber im großen Garten des Klosters auch einen Zufluchtsort zur inneren Einkehr.

Ansonsten ist der junge Wuppertaler dann für seine Klienten da — vor allem bei Besuchen in der Nachbarschaft, wo viele einfühlsame Gespräche bei der obligatorischen Tasse Tee mit einsamen, alten Menschen auf dem Programm stehen — natürlich aber auch gemeinsame Einkäufe oder Handreichungen im Haushalt. Wie bei Emma, einer blinden Mitbürgerin — mit der er nach Auffüllen der häuslichen Vorräte gern „jacked potato with cheese“ (Kartoffeln mit Käse gefüllt) verzehrt und sich bisweilen auch genötigt sieht, den Whisky der trotz ihres Handicaps lebenslustigen Dame vor ihrem Pfleger zu verstecken.

Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung erledigt Jens Vorsteher vorzugsweise mit dem Fahrrad. „Das schont nicht nur die Umwelt, sondern ist billiger als die viel zu teuren Busse und U-Bahnen — und es geht sogar meist erheblich schneller“, so der Friedensdienstler, der ab und zu Gelegenheit findet, heimatliche Klänge zu hören. In der Nähe lebt nämlich eine deutsche Frau mit ihrem englischen Ehemann und Kindern — „die heißen tatsächlich Brittain“— die den deutschen Gast gleich zu sich einluden.

Dass das nahe gelegene Greenwich mit seinen viktorianischen Prachtbauten „Grännesch“ ausgesprochen wird, erfuhr Jens Vorsteher ebenfalls auf einer seiner Radtouren, die ihn seit einiger Zeit ins „Pineapple dance studio“ führen. Dort kann er seine tänzerische Passion ausleben und sich für seine Rückkehr im Sommer dieses Jahres nach Wuppertal vorbereiten. Trainerin Kyra-Anna Brebeck und die Mädels von Esprit warten nämlich schon sehnsüchtig auf die „helping hands“ ihres „Hebefiguren-Sklaven“ Jens.

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