Der magische Handwerker: 40 trickreiche Jahre

Reiner Roth steht seit 40 Jahren als Zauberkünstler auf der Bühne. Der WZ verriet er seine Vorbilder — aber nicht seine Tricks.

Wuppertal. Als Reiner Roth in die Zauberlehre ging, war Harry Potter noch nicht erfunden. Dabei hätte der berühmte Romanheld in einer konventionellen Zauberschule womöglich etwas lernen können — rein handwerklich gesehen — und Menschen kennengelernt, die perfekt unterhalten, ohne tatsächlich über magische Fähigkeiten zu verfügen. Künstler wie Reiner Roth, unter dessen Händen Karten, Seile, Bälle und Tücher verblüffende Eigenleben entwickeln. Nicht im Kino, sondern auf der Bühne.

„Ein bisschen Lampenfieber ist bei jedem Auftritt dabei“, sagt Roth. „Das gehört ja zum Kick. Wenn die Vorstellung beginnt, ist aber alles vergessen.“ Seit mehr als 40 Jahren begeistert sich der Wuppertaler für die Welt der Illusion. „Ich habe immer gezaubert, schon als Jugendlicher mit dem Zauberkasten.“ Doch im Grunde ist es das Verdienst der großen Pina Bausch, dass aus dem Hobby-Magier ein richtiger Zauberkünstler geworden ist: „Ich war ungefähr 25 Jahre alt und sah in einem Stück des Tanztheaters den Künstler Ralf John Ernesto.“ Der wirkte in einer Szene mit — und Reiner Roth dachte, er traue seinen Augen nicht: „Das war doch der Mann, der mit mir im selben Haus in der Eckhardstraße wohnte.“ Roth fasste sich ein Herz, sprach Ernesto an — und die beiden wurden Freunde. „Er hat mich motiviert, gefördert, er war mein Vorbild.“

Rainer Roth, Zauberer, über sein anspruchvollstes Publikum.

Ein gutes offenbar, denn Roths Passion für das Zauber-Metier ist geblieben. Mittlerweile gehört er zum Vorstand der Wuppertaler Ortsgruppe des Magischen Zirkels. Einmal monatlich treffen sich rund 20 begeisterte Künstler zum Austausch und zu Vorführungen. Das oberste Gebot der Branche: Zaubertricks werden nicht verraten. Natürlich auch aus Gründen des Geschäftsgeheimnisses: „Vor allem aber, um die Traumwelt zu bewahren und den Menschen nicht die Illusion zu nehmen“, erklärt Reiner Roth.

Die Taschenspielerei oder das Kunststück mit den Schnüren zu verraten, verursache doch nur Enttäuschung: „Die Leute ärgern sich, weil sie nicht selbst auf die Lösung gekommen sind.“ Dann sei die zauberhafte Stimmung dahin. „Und das gute Gefühl auch.“ Die große Illusion fasziniere, die Frage: „Mensch, wie hat er das jetzt wieder gemacht?“

Fingerfertigkeit und Geschicklichkeit sind wichtig, Ablenkung gehört natürlich zum Spiel. Aber auch Charme und die Fähigkeit, Menschen für sich einzunehmen. Unterschiedlich sind dabei die Sparten der Kunst, es gibt Kinderzauberei, Bühnenzauberei, Tischzauberei. Reiner Roth hat sich mit seinen Vorführungen auf alte Menschen spezialisiert, darunter Behinderte und Demenzkranke. Und auf Kinder: Ein dankbares Publikum sei das — aber auch ein anspruchsvolles und sehr kritisches. „Kinder sind brutal“, sagt Roth. Wer sie begeistern wolle, brauche ein Händchen dafür. Und man müsse sich ihren Respekt mit einem überzeugenden Auftritt erarbeiten.

Der Trick mit den beiden Gummibändern beispielsweise wirkt besonders filigran: Wie von Geisterhand verbinden sie sich zu einem Ganzen, verknoten sich ineinander, um dann wieder in drei Ringe auseinander zu fallen. Das sieht leicht und spielerisch aus, erfordere aber viel Routine. „Den Trick hat David Copperfield mal gezeigt. Stunden über Stunden habe ich ihn geübt.“ Und was passiert, wenn ein Zauberkünstler im Fernsehen auf eine Zaubershow stößt?

Reiner Roth lacht: „Das ist immer dasselbe. Ich sitze da, gucke zu, und dann sage ich zu meiner Frau: ,Schau, hin, jetzt gleich passiert was!‘“ Der besondere Clou, der kleine Kniff — jeder Zauberkünstler hat seine eigene Handschrift. Am Ende aber steht für Reiner Roth wie für seine Kollegen fest: „Es ist eine schöne Sache, jemanden zum Lachen und Staunen zu bringen.“

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