Dagobert gibt Gas: Ein Klassiker auf großer Rallye-Fahrt

Oldtimer: Auto-Fans trafen sich zur Wettfahrt. Die WZ war in einem betagten Ford dabei.

Wuppertal. Dagobert hat Schluckauf. Mühevoll schleppt er sich den Berg hinauf. Er ringt nach Luft - das Atmen fällt ihm schwer. Nicht genug, Dagobert steht dem Wortsinn nach im Regen. Aufgeben? Nein, das passt nicht zu ihm. Zur Klärung: Dagobert ist kein älterer Herr - betagt ist er trotzdem. Denn schon im Jahr 1961 ist Dagobert, ein Ford 12 M, vom Fabrik-Band auf die Straße gefahren. Seinen Kosenamen haben Gerd und Gisela Vogeleit ihrem Oldtimer gegeben. Das Wuppertaler Paar fährt bei der Oldtimer-Rallye des Automobil-Clubs Verkehr (ACV) mit.

Die rote Tachonadel zittert. Der Motor gluckst. Ein Brummen dringt ans Ohr. Gerd Vogeleit tritt aufs Gaspedal. Die rechte Hand hat er am Steuer, die Linke an der Lenkradschaltung. Ein Ruck - Vorsicht Bodenwelle! Hektisch nickt der Wackeldackel auf der Ablage mit dem Kopf. Daneben liegt ein Strauß rosafarbener Rosen aus Plastik - eine stilechte Zeitreise in die 60er Jahre.

Damals war das Auto nach dem Krieg ein Statussymbol geworden, die Träume der besser verdienenden Deutschen wurden mobil. "Made in Germany" wurde wieder groß geschrieben. Als "Brot-und-Butter-Auto" galt auch dieses Ford-Modell. Kurios: Der Schriftzug des Autobauers ziert die Karosserie nicht. Dafür prangt das Kölner Stadtwappen - Kronen auf rotem Hintergrund - mitten auf dem Lenkrad.

Sitzt der Fahrer am Steuer eines Oldtimers, hat er das Gefühl, dass er das Auto noch selbst fährt - und nicht dank des technischen Fortschritts mehr oder weniger kutschiert wird. Mehr Komfort trotz körperlicher Anstrengung? Ja, Gisela Vogeleit kurbelt Dagoberts Fenster noch selbst herunter. Der Blinker rastet nicht automatisch ein - Gerd Vogeleit setzt ihn von Hand zurück, nachdem er abgebogen ist. Parkt er das Schätzchen auf vier Rädern in eine Lücke ein, ist das schwere Handarbeit, weil ihn keine Servo-Lenkung oder Einparkhilfe beistehen.

Dafür macht Dagobert in puncto Stil und Optik umso mehr her: Die Armaturen aus Blech sind in edlem Grau und Crème lackiert. Anschnallgurte gibt es nicht - aber lässt man sich in den Sitz zurückfallen, ist das so, als nehme man beim Sonntagskaffee auf Omas Plüschsofa mit Blumen-Muster Platz: wohlig gemütlich.

Durch die großen Fenster sieht man die Natur in gelassenem Tempo an sich vorbei ziehen. Abseits der stressigen Stadtverkehrs Elberfelds und Barmens führt die Route über Wichlinghausen und Nächstebreck Richtung Sprockhövel. Auf den Weiden grasen Kühe, Pferde galoppieren auf der Koppel. Über Landstraßen entlang des Kemnader Stausees geht die Strecke über Witten und Bochum ins Ruhrgebiet weiter. Von da aus geht’s zurück ins Niederbergische - vom Kreis Mettmann auf die Wuppertaler Höhen.

Was nach einer gemütlichen Ausfahrt klingt, ist aber auch mit purem Rallye-Stress verbunden. Das Bordbuch liegt auf Gisela Vogeleits Schoß. Als Co-Pilotin weiß sie chinesische Zeichen oder sogenannte Baum-Affen - kleine Schilder, deren Nummern notiert werden müssen - zu lesen. Die Herrin der Karte kennt den Weg. "Es ist einer der wenigen Tage, an denen ich auf meine Frau höre", sagt Gerd Vogeleit und zwinkert seiner Frau auf dem Beifahrersitz zu. Nach 36 Jahren Ehe sind beide ein eingespieltes Team.

Dicht auf ihren Fersen sind die anderen Fahrer. In der lokalen Oldtimer-Szene kennt man sich. Vielleicht meinen die anderen, dass die gebürtigen Wuppertaler einen Heimvorteil haben. Im Rückspiegel sind ein weißer Bentley und ein schwarzer Lotus Super 7 zu sehen. Voraus fährt ein dunkelblauer Ford A aus den 30er Jahren mit der Startnummer Eins - der älteste Oldtimer im Rennen.

Übrigens: Dagoberts Schluckauf hat auf der Landstraße zwischen Wuppertal und Sprockhövel plötzlich aufgehört - und das, ohne die Luft anzuhalten.

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