Carl Bellingrodt: Ein Leben für die Lokomotive

Eine opulente Buchreihe würdigt das Lebenswerk des großen Wuppertaler Eisenbahn-Fotografen Carl Bellingrodt.

Wuppertal. Wer sich auch nur ansatzweise mit Eisenbahngeschichte befasst, stößt früher oder später auf diesen Namen: Carl Bellingrodt. Deutschlands berühmtester Eisenbahnfotograf (1897-1971) hat im Hauptberuf beim Finanzamt Elberfeld gearbeitet. Unsterblich macht ihn der Griff zum Auslöser seiner aus heutiger Sicht monströsen Kamera — tausendfach an Bahnstrecken im ganzen Land. Jetzt erscheint Bellingrodts fotografisches Werk in einer mehrbändigen Buchreihe, die auch Wuppertal als alte Eisenbahnstadt würdigt.

Herausgeber Helmut Brinker — Wuppertaler, Sammler und Bellingrodt-Biograf — lässt keine Wünsche offen: Präsentiert der erste Band seiner Reihe vermeintlich nüchtern die „Dampflokomotiven der Baureihen 01 — 45“, die in Zeiten der Reichsbahn unterwegs waren, bietet der Bildband auch historische Motive aus dem Bergischen Land. Die Müngstener Brücke kommt dabei ebenso zu Ehren wie so manche alte Stadtansicht, die nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieg nur noch Geschichte war.

Dabei ist Bellingrodt eigentlich gebürtiger Kölner: Zur Welt kommt er am 7. April 1897 im Stadtteil Müngersdorf. Seine Mutter ist Hausfrau, sein Vater arbeitet bei der preußischen Militärverwaltung. Die Faszination für Eisenbahnen erfüllt Wilhelm Carl Alexander Bellingrodt schon als jungen Mann, und mit einer Spiegelreflexkamera der Marke Mentor spricht er wahlweise das Lokpersonal an Bahnhöfen an oder fotografiert aus der Landschaft heraus.

Tragisch für jeden Fotografen: 1921 — während des Umzugs von Hitzacker nach Elberfeld — fällt Bellingrodts gesamte Bildsammlung einem Feuer zum Opfer. Zwei Jahre später legt er sich eine Nettel-Plattenkamera zu. Sie soll ihn die ihn die nächsten 41 Jahre treu begleiten, bevor sie nach einem technischen Defekt das Zeitliche segnet. Fotografierte er „seine“ Eisenbahnen von 1939 bis 1942 auch im Auftrag des Reichsverkehrsministeriums, steht das Jahr 1947 im Zeichen der Improvisation: Um wieder Loks fotografieren zu können, schneidet sich Bellingrodt Röntgenfilme zusammen, um diese als Negative zu verwenden.

Mindestens 15 000 Bilder soll der gelernte Verwaltungsbeamte von 1917 bis 1971 gemacht haben. Das letzte Bild ist auf den 22. Mai 1971 datiert — und zeigt eine Dampflok im Saarland. Wenige Monate später stirbt der passionierte Eisenbahnfotograf an den Folgen einer Lebererkrankung.

Dass sich Bellingrodt im Wesentlichen auf die Loks selbst konzentrierte, konnte nicht verhindern, dass viele seiner Eisenbahnbilder immer wieder auch Landschaften zeigen — so dass es kein Problem ist, sich in diesem Bildband „festzublättern“. Wie der Verlag auf WZ-Nachfrage berichtet, soll im Frühjahr nächsten Jahres der zweite Band folgen. Man darf gespannt sein — und die Bahnreise geht weiter.

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