Bis das Lächeln gefriert

Im Opernhaus werden Tänzer für ein Musical gesucht. Was gut aussieht, ist ein beinharter Job.

Wuppertal. Die Luft knistert. Die vielen Frauen und fünf Männer im Probesaal des Opernhauses versuchen zwar, die Anspannung zu überspielen, klönen, lachen und dehnen die Beine. Trotzdem ist die Nervosität spürbar. Bei den einen, weil sie das erste Mal vor einer Jury tanzen, bei den anderen, weil es eine neue Chance nach vielen vergeblichen Auditions ist. Die Wuppertaler Bühnen casten Tänzer für ein noch geheim gehaltenes Musical in der Vorweihnachtszeit. Zwei Profis und fünf Laien sollen dann gemeinsam auf der Bühne des Opernhauses stehen.

Zuerst sind die ausgebildeten Musicaltänzerinnen dran. Versiert stellen sie sich zur Gruppe auf, wechseln zwischendurch die Reihen, damit jede einmal vorne tanzen darf. "Step, step, Pose", kommandiert Choreographin Rosita Steinhauser und zeigt flüchtig die Schritte. Leichte Verzweiflung malt sich auf die Gesichter angesichts der langen Reihe von Bewegungen. "Den Kick auf 7 oder 8?", fragt eine. "Bei der Bodenfigur abstützen oder ablegen?", will eine andere wissen.

Schon nach drei Durchläufen sitzt die Choreographie und es wird ernst. Wieder und wieder startet Regisseur Werner Pichler die "Tritsch-Tratsch-Polka". Jeweils vier oder fünf Tänzerinnen zeigen ihr Können. Manche versuchen, mit ausgefallenen Posen aus der Masse hervorzustechen. Andere setzen hochkonzentriert auf Genauigkeit. Und immer lächeln - das Grinsen gefriert in der Anstrengung.

Dann sind die Laien dran. Groß ist der Unterschied auf den ersten Blick nicht. Zwar ist die Kleidung etwas variabler - statt schwarzer Hose undbuntem Top tragen manche Schlabberklamotten - aber die Choreographie sitzt ebenso schnell wie bei der ersten Gruppe. "Meine Mutter hat das Casting zufällig gestern im Internet entdeckt", erzählt die 17-jährige Melissa Lübke, die seit vielen Jahren in Solingen tanzt und singt. Ihre Freundin Julia Monschau (19) gehört zur Kompanie "Musical & Dance" und bewirbt sich bereits zum zweiten Mal bei den Wuppertaler Bühnen. "Das ist eine spannende Erfahrung."

Beim zweiten Stück mit vielen parodistischen Elementen übertrumpfen die Hobbytänzer gar die Profis. Viel intensiver arbeiten sie die komödiantischen Bewegungen heraus, lupfen einen imaginären Hut und tapsen in Clownmanier im Kreis. Nur die Beine fliegen nicht ganz so hoch. "Die sind wirklich sehr gut", kommentiert Jurorin Rosita Steinhauser. Dann geht es an die schwierige Auswahl. Nicht die Perfektion alleine ist gefragt, sondern auch das Aussehen. "Wir suchen sehr unterschiedliche Typen mit viel Ausstrahlung", erklärt Pichler. Rund die Hälfte der Bewerber kann nach dem Tanzen nach Hause gehen. Die Übrigen dürfen noch vorsingen.

"Es geht dabei gar nicht so sehr um das Schön-Singen, sondern dass Ihr Euch traut", ruft die Choreographin den Tänzerinnen noch zu, bevor sie ins Klavierzimmer wechseln. Im Treppenhaus warten derweil schon die nächsten Künstlerinnen, die sich für die Hauptrolle im Musical bewerben.

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