Begrabt mein Herz in Wuppertal Auf Tuchfühlung in der Schwebebahn

Kolumnist Uwe Becker ist erleichtert, dass die Bahnsperrung erst einmal vorbei ist.

 Uwe Becker, 1954 in Wuppertal geboren, ist Chefredakteur des Wuppertaler Satiremagazins Italien und Mitarbeiter des Frankfurter Satiremagazins Titanic. Jeden Mittwoch schreibt er in der WZ über sein Wuppertal.

Uwe Becker, 1954 in Wuppertal geboren, ist Chefredakteur des Wuppertaler Satiremagazins Italien und Mitarbeiter des Frankfurter Satiremagazins Titanic. Jeden Mittwoch schreibt er in der WZ über sein Wuppertal.

Foto: Joachim Schmitz

Wuppertal. Viele von uns werden am Montagmorgen aufgeatmet haben, ist Wuppertal doch endlich wieder am Schienennetz der Deutschen Bahn angeschlossen. Im Sommer werden wir dann noch einmal abgekoppelt, allerdings für über sechs Wochen. Da kommt Freude auf! Eine äußerst unangenehme Begleiterscheinung dieser Umbauarbeiten und der hierdurch bedingte Ausfall der S-Bahnen waren die extrem vollen Schwebebahnen und Busse. Normalerweise sind in den Schulferien die öffentlichen Verkehrsmittel eher sparsam besucht. Mit anderen Worten, ich musste mich fast immer in volle Schwebebahnen quetschen.

Man kam sich näher. Manchmal kann das angenehm sein, meistens eher nicht. Einmal stand ich sehr eng an einer Mitbürgerin, die lautstark ihrem Smartphone und dem Menschen am anderen Ende der Leitung erzählte, was sie alles am Wochenende gemacht und erlebt hat. Ich war über ihre gesamten Freizeitaktivitäten von Freitag und Samstag bestens informiert.

Als die Dame das Gespräch beendet hatte, fragte ich interessiert: „Und was haben Sie am Sonntag gemacht?“ „Was geht Sie das denn an?“, war dann die von mir auch erwartete Antwort der resoluten Mittvierzigerin. So richtig warm wurden wir beide bis zur Haltestelle Pestalozzistraße nicht mehr, trotz einer immer noch sehr strengen Nähe - Zwinker-Smiley!

Sehr bizarr und komisch war auch eine Situation bei einer anderen Schwebebahnfahrt, der ich während der Osterferien beiwohnen durfte. Die Schwebebahn war wieder einmal sehr gut besucht. Direkt an der Türe stand ein junger Mann, der einen Rucksack trug. An seinem Rucksack waren übertrieben viele Schlüsselanhänger mit Bärchen, kleinen Fußbällen und anderem Kram befestigt - scheinbar sammelte der junge Herr so etwas exzessiv.

Genau hinter ihm standen zwei junge Mädchen, die mit ihren Kopfhörern intensiv der Musik aus ihren Mobiltelefonen lauschten. An der Station am Landgericht wollten beide aussteigen. Sie bemerkten aber dann, dass sich ihre Kopfhörerkabel an einem der zahlreichen Schlüsselanhänger des Rucksackträgers verheddert hatten. Panik brach aus: „Wir müssen zur Arbeit! Können Sie bitte mit aussteigen?“ Der Rucksackträger lehnte dies ab. „Ich muss auch zur Arbeit und bin eh schon spät dran.“

Die Mädchen versuchten verzweifelt die Kabel von seinem Rucksack zu lösen. Die Schwebahntüre ging zu und die jungen Damen mussten beide eine Station weiter fahren. Bis zur Haltestelle an der Kluse hatte es dann eines der Mädchen geschafft, ihr Kabel vom Rucksack zu trennen. Bald darauf schafften die Mädchen es gemeinsam, auch das zweite Kabel zu lösen. Am Hauptbahnhof konnten dann beide fix und fertig mit den Nerven aussteigen.

Herrlich, so etwas kann man nicht träumen. Die Geschichte, die ich dann wenige Tage später in der Schwebebahn erlebte, war dagegen völlig albern. Ein Betrunkener mit einer Flasche Bier in der Hand betrat schwankend, sich kaum auf den Beinen haltend, die Bahn und lallte unangemessen laut und grinsend: „Die Fahrausweise bitte!“ Schlim erschrocken hat sich da natürlich keiner der zahlreichen Schwarzfahrer.

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