Spurensuche auf dem Friedhof

Paul Lanke war eines der Opfer des Kapp-Putsches. Seine Grabstätte wurde in Bracken entdeckt.

Spurensuche auf dem Friedhof
Foto: Gerhard Bartsch

Nächstebreck. Grabsteine für 15 gefallene Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg und vier Stelen mit den Namen von 117 gefallenen, vermissten oder verstorbenen Soldaten des Zweiten Weltkrieges erinnern auf dem Friedhof Bracken an Soldaten beider Kriege. Am Rande des kleinen Ehrenfriedhofes steht ein Grabstein, der lange völlig verwittert war. Es handelt sich um die Grabstätte von Paul Lanke, der beim Kapp-Putsch auf der Seite der Arbeiterschaft kämpfte und am 17. März 1920 von aufständigen Soldaten am Ostersbaum erschossen wurde.

Lankes Schicksal haben die Nächstebrecker Inge Kuhlmann und Helmut Oberbossel erforscht, die sich bei der Pflege des Ehrenfriedhofes immer wieder die Frage gestellt hatten, was es mit dem scheinbar anonymen Grabstein auf sich haben könnte. Erst als die Schrift wieder kenntlich gemacht wurde, lieferte das Todesdatum des Mannes, der in der Lausitz geboren wurde und mit seiner Familie an der Wittener Straße lebte, den entscheidenden Hinweis. Paul Lanke zählt zu den 50 bis 60 Todesopfern, die die Straßenkämpfe zwischen Arbeitern, aufständigen Soldaten und Sicherheitspolizisten am 17. März 1920 gefordert hatten. Bei den Kämpfen standen sich 3000 bis 5000 Arbeiter und bis zu 1500 schwer bewaffnete Soldaten und Sicherheitspolizisten am Elberfelder Ostersbaum an der Grenze zu Barmen gegenüber.

Während den getöteten Arbeitern des Kapp-Putsches auf den Ehrenfriedhöfen in Elberfeld, Barmen, Cronenberg und am Ostersbaum gedacht wird, geriet das Grab von Paul Lanke in Vergessenheit. „Bei der Reinigung des Steins entwickelte sich aus einem grünen Etwas ein wunderschöner heller Stein. Durch das Ausmalen der Buchstaben und Zahlen wurden Vorname, Familienname, Geburts- und Sterbedatum des Verstorbenen sichtbar“, erinnert sich Inge Kuhlmann.

In Brackener Kirchenbüchern ließ sich jedoch keine Spur von Paul Lanke entdecken. „Beim Sterbedatum konnte es sich nicht um einen Gefallenen aus dem Ersten Weltkrieg handeln. Dann kam Helmut Oberbossel relativ schnell der Gedanke, dass Paul Lanke an den Märzkämpfen 1920 beteiligt gewesen sein könnte“, sagt Inge Kuhlmann. Hartnäckig suchte sie nach weitere Quellen und wurde fündig. So zum Beispiel bei der Lektüre des Buches „Spurensicherung 1920“, das Reiner Rhefus über den Arbeiteraufstand und die damalige Arbeiterkultur im Bergischen Land geschrieben hat. Dort wird der Nachruf der „Vereinigten Sozialistischen Parteien und der Arbeiterturnvereine von Nächstebreck-Beckacker“ zitiert. Darin heißt es: „Im heißen Kampf gegen die Kappschen Umsturztruppen fiel im Treffen an der Barmen-Elberfelder Grenze am 17. März unser geschätzter Genosse und treuer Freund — Paul Lanke“.

Reiner Rhefus berichtet in seinem Buch, dass die Toten am 17. März 1920 unter einer Linde bei der Gaststätte Lückenhaus aufgebahrt wurden. „Zehn oder zwölf der gefallenen Arbeiter lagen dort mit dem Gesicht nach unten auf der Erde, die erschossenen Soldaten und Polizisten wurden am Sportplatz Rudolfstaße aufgebahrt.“ Inge Kuhlmann ist bei ihrer Spurensuche auf Susanne Margareta Amalie Hanisch gestoßen. Sie heiratete den Schlosser Paul Lanke 1909 in Mettmann. Beide wohnten an der Wittener Straße 133. Vermutlich wurde ihr Ehemann auf ihre Veranlassung auf dem Friedhof Bracken beigesetzt. Die Beerdigung fand „vom Rathschen Saale, Hottenstein“ aus statt. Die Kosten trug die Gemeindekasse. Paul Lanke wurde nur 41 Jahre alt.

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