Sprechcoaching: Damit die Stimme stimmt

Monika Hein ist Sprecherin und Coach in Sachen Stimme. Im WZ-Interview verrät sie, worauf man achten sollte und welche Fehler gerne gemacht werden.

Sprechcoaching: Damit die Stimme stimmt
Foto: Ingo Fiß

Wuppertal. Monika Hein weiß um die Macht der Stimme. Sie ist Sprecherin, gibt ihr Wissen aber auch in Vorträgen und Trainings weiter. Im Rahmen der Reihe WZ Wissen spricht sie am 20. September in Wuppertal zum Thema „Stimmt Ihre Stimme?“

Frau Hein, Sie sind nicht nur Coach, sondern selbst auch Sprecherin und das hört man Ihrer Stimme auch nach wenigen Worten schon an. Erhalten Sie im Alltag Reaktionen darauf, wenn Sie zum Beispiel eine Pizza bestellen?

Monika Hein: Bei meinen Vorträgen höre ich häufiger: ‚Sie haben eine total angenehme Stimme.’ Das freut mich jedes Mal sehr. Auch wenn meine Stimme für mich natürlich normal ist. Vom Pizzaboten habe ich das aber noch nicht gehört.

Sie bekommen positive Rückmeldungen auf Ihre Stimme, merken aber auch, dass die Wirkungsebenen der Stimme oft unterschätzt werden. Warum ist das so?

Hein: Das liegt wohl daran, dass wir denken: Sprechen kann ich ja. Theoretisch wissen wir zwar um die Wirkung unserer Stimme, aber praktisch ist das für viele wenig greifbar. Viele wissen nicht, woran es liegt, dass ihre Stimme so klingt.

Sprechen ist ja auch sehr komplex. Wie vermitteln Sie dieses Thema?

Hein: Zunächst führe ich immer die Metapher des stimmlichen Mischpults ein. Das hat verschiedene Regler, an denen man drehen kann. Das sind Körperhaltung und Körpersprache, Atmung, Stimmklang, Artikulation, Melodie, Tempo und Betonung. Wenn ich an diesen Reglern drehe, habe ich sofort einen Effekt. Ja, die Stimme ist komplex, aber sie angemessen einzusetzen, ist kein Hexenwerk.

Welchen Fehler machen denn viele Menschen beim Sprechen?

Hein: Frauen haben leider oft die Tendenz, dass sie ihren Stimmklang nicht optimal im Griff haben. Das ist ein Klischee, aber es ist wahr. Besonders wenn sie sich aufregen, geht die Stimme nach oben. Die Männer haben da von Natur aus den Vorteil von längeren Stimmlippen und einer tieferen Stimme. Aber wenn ein Mann sich schlaff hängen lässt, kann der Klang auch nicht stimmen, die Tiefe der Stimme alleine macht es auch nicht. Die Regler des Mischpults hängen da alle zusammen. Ein weiteres Thema ist die Atmung - darauf achten die wenigsten. Viele sind zu kurzatmig. Kinder beherrschen die Bauchatmung noch sehr gut — ich würde sagen, 80 Prozent der Erwachsenen können nicht mehr bewusst in den Bauch atmen.

Sie sagen, Sie möchten den Menschen helfen, zu ihrer individuellen Laut-Stärke zu gelangen. Wie macht man das?

Hein: Ich helfe dabei, die richtigen Sprachlaute und Artikulation zu finden. Das hat auch viel mit Selbstwert und Selbstbewusstsein zu tun. Wenn Menschen sich nicht trauen zu sprechen, liegt das selten nur an der Stimme. Das liegt oft am Selbstwertgefühl. Da macht man einen kleinen Deckel — die scheinbare Arbeit „nur“ an der Stimme — auf und findet sehr viele Themen. Ich suche dann immer gerne nach der inneren Stimme. Wo ist in mir die Rampensau, die Spaß am Sprechen hat?

In welchen Sprech-Situationen haben die Menschen oft Probleme?

Hein: Wenn ich emotional in einem guten Zustand bin, habe ich ja normalerweise keine Probleme mit dem Sprechen. Aber in schwierigen Situationen, die kniffelig sind, im Beruf, wie Präsentationen oder Bewerbungsgespräche, oder auch im Privaten, wenn ich ein Beziehungsgespräch führe. Dann ist es oft hilfreich, wenn man sich die Frage stellt: Will ich mich so hören? Dann kann es helfen, wenn man innehält und sich fragt, welcher Stimmklang wäre jetzt zielführend? Wenn meine Tochter mich anmault, kann ich natürlich zurückmaulen. Aber es kann auch hilfreich sein, für einen Moment leiser zu werden. Oder eine liebevolle, sanfte Stimme bewusst einzusetzen, um die Situation zum Besseren zu verändern.

Zurzeit ist ja Wahlkampf - wenn Sie Politiker sprechen hören, achten Sie dann auch auf die Stimme?

Hein: Ja, ich habe zu Angela Merkel und Martin Schulz sogar eine Analyse für einen Blog geschrieben. Ich bin dann in der Stimme manchmal so drin, dass ich den Inhalt gar nicht höre. Wenn Martin Schulz aufgeregt ist und schneller wird, wird er nuscheliger. Die Contenance von Angela Merkel finde ich bemerkenswert. Obwohl man bei ihr auch hört, wenn sie angefasst ist. Ich habe da aber ein „Berufs-Ohr“ und ein privates. Ich unterhalte mich auch mit Freunden, ohne auf die Stimme zu achten. Wenn ich aber gefragt werde, schalte ich mein „Berufs-Ohr“ an und gebe gerne ein Feedback — wenn auch vorsichtig, ein Feedback kann auch viel kaputt machen.

Welche Ihrer vielen Aufgaben machen Sie am liebsten?

Hein: Ich liebe es, Menschen zu überraschen. Bei meinen Vorträgen erfahre ich dann sofort die Reaktionen. Ich habe neulich von einem Ehepaar die Rückmeldung bekommen, dass sie einen tagelangen Konflikt dank einer Stimmtechnik bewältigen konnten. Klar, Werbung einzusprechen, macht auch Spaß. Aber das bedeutet viel Klinkenputzen und dafür habe ich im Moment gar keine Zeit. Ich konzentriere mich darauf, die Menschen für das Thema zu begeistern und die Welt ein bisschen schöner klingen zu lassen.

Was erwartet die Zuhörer in Wuppertal bei Ihrem Vortrag „Stimmt Ihre Stimme?“

Hein: Viel selbst ausprobieren. Es gibt auch eine gewisse wissenschaftliche Untermalung, aber nicht trocken und langweilig, sondern mit vielen Beispielen. Und die Zuhörer erfahren auch etwas darüber, wie ich zu diesem Thema kam. Ein gewisser norwegischer Sänger namens Morten Harke spielt dabei eine Rolle.

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