Wuppertals Schwimm-Elite: Frühaufsteher mit Perspektive

Max Mral beginnt den Tag im Wasser. Um 5.30Uhr – vor der Schule – ist für Wuppertals Elite das erste Training angesagt.

Wuppertal. Dienstagmorgen, 5.30 Uhr im Schwimmleistungszentrum. Fast gleichzeitig springen Max Mral und die anderen 15 bis 18-Jährigen Schwimmer der ersten Trainingsgruppe (TG) von SV Bayer und Wasserfreunde Wuppertal ins Wasser und beginnen ihr Pensum abzuspulen. Das ist mit Entfernungen, Zeiten und technischen Vorgaben auf der obligatorischen Tafel von den Trainern am Beckenrand notiert. Kein Gähnen, kein Murren.

Und während die Eltern, die ihren Nachwuchs zu früher Stunde ins Bad gebracht haben, den Heimweg antreten, geht seit den Herbstferien auch für die 13-Jährigen der TGII die Trainingsarbeit vor der Schule los. "Ohne Frühtraining lassen sich in der Ausdauersportart Schwimmen nicht genügend Trainingseinheiten unterbringen, um höhere Ziele anpeilen zu können", sagt Bayer-Cheftrainer Farshid Shami, und ergänzt: "Da wir keine Elitesportschulen wie in Essen haben, geht es nur vor der Schule.

Abgestimmt ist das auf das benachbarte Schulzentrum Süd, das viele der Schwimmer besuchen. Vor Schulbeginn um 7.40 Uhr gibt es noch im Bad ein zweites Frühstück. Das gehört zum Teilzeitinternat-Konzept des Nachwuchsstützpunkts Wuppertal.

Für Max Mral, 100- und 200-Meter Freistilspezialist der Wasserfreunde und momentan eines der aussichtsreichsten Wuppertaler Talente, ist die Sache komplizierter. Der 17-Jährige besucht die Klasse 11 des Carl-Duisberg-Gymnasiums, wird von Mama Claudia, die zwischendurch zurück nach Hause nach Langerfeld gefahren ist, wieder abgeholt. Die von ihr geschmierten Brote wird er im Auto verputzen, um rechtzeitig in der Schule in Oberbarmen zu sein.

Das ist schon Routine für den Teenager, denn Frühtraining kennt er wie die meisten seit Jahren, in seinem Fall seit vier. "Das frühe Aufstehen ist kein Problem mehr, die Müdigkeit kommt oft erst später", versichert er. Zumindest für seine Eltern ist ein Ende des strapaziösen Hol- und Bringdienstes absehbar. Max hat einen Tag nach seinem 17. Geburtstag am 20.Oktober den Führerschein bestanden und darf mit einer Ausnahmegenehmigung bald auch ohne Begleitung zum Training fahren. "Das wird eine große Erleichterung. Die Belastung für die ganze Familie geht manchmal an die Grenze", sagt Claudia Mral. Andere Eltern, die jetzt gegen 7 Uhr ebenfalls auf ihren Nachwuchs warten, weil der nicht auf das "Süd" geht, nicken.

Heute ist etwas früher Schluss. Statt den üblichen sechs stehen nur 4,4 Kilometer auf der Tafel. In der unmittelbaren Vorbereitung auf Wettkämpfe - der Taperphase - sind die Umfänge reduziert, damit die Schwimmer ausgeruht sind. In diesem Fall werfen die Deutschen Kurzbahnmeisterschaften in der Schwimmoper in zehn Tagen ihre Schatten voraus. Derzeit ist zweimal Frühtraining um 5.30 Uhr, plus samstags, wenn es das erste Mal um 6.30 Uhr ins Wasser geht. Danach heißt es für die TG 1 dreimal in der Woche früh ins Becken, ab Januar im nächsten Makrozyklus des Jahrestrainingsplans viermal.

"Da zieht sich die Woche ganz schön", sagt Max Mral. Jetzt ist er aber bestens gelaunt. Zwischen jeder Serie plaudern die Trainingskollegen locker am Beckenrand im Wasser, bis der Puls wieder unten ist. "Die meisten sehe ich ja öfter als meine Schulfreunde", sagt Max. So wird die Trainingsgruppe zur Ersatz-Clique.

Der weitere Tagesablauf ist straff geplant. Für Freizeit und Freunde treffen ist kaum Zeit. Bis 15.10 Uhr ist heute Schule, dann geht es zum täglichen Nachmittagstraining (bis auf sonntags). Vor und an Tagen mit Frühtraining ist schon um 21 Uhr Zeit fürs Bett. Hausaufgaben werden meist in Freistunden erledigt. "Seine Disziplin bewundere ich", sagt seine Lehrerin Isabelle Defort. "Natürlich gibt es Phasen, in denen er unkonzentriert ist, aber er schafft es immer, sich auf den Punkt vorzubereiten."

Auf den Punkt vorbereiten, das kennt Max aus dem Sport. Wieder Jahrgangsmeister über 200 Meter Freistil zu werden und sich erneut für die Jugendeuropameisterschaft qualifizieren sind seine großen Nahziele. Und bei der Kurzbahn-DM in der heimischen Schwimmoper? "Da würde ich gerne das Finale der besten 16 erreichen", sagt er.

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