Rücktritt: Runges bitterer Abschied

Nach dem Testspiel des WSV in Ronsdorf trat der Vereinspräsident zurück.

Wuppertal. Die Szene im schlichten Jugendraum des TSV Ronsdorf war fast surreal. Die kurzen Trainerstatements nach dem bedeutungslosen 10:1-Testspielsieg des WSV spiegelten Normalität. WSV-Präsident Friedhelm Runge wartete sie genauso gelassen ab, wie er das Spiel verfolgt hatte, und verteilte dann erst seine vorbereitete schriftliche Rücktrittserklärung. Nun war es ein historischer Moment. Eine 21-jährige Ära beim WSV war zu Ende gegangen. Der Rücktritt war nach der Sondersitzung von Vorstand, Aufsichts- und Ehrenrat am Freitagabend bereits angedeutet worden. Einige Mitglieder der WSV-Fanszene skandierten vor der zugezogenen Falttür „Runge raus“. Gut 50 hatten sich das Spiel angeschaut, wohl auch, um auf das erwartete „Nachspiel“ zu warten. „Waschzettel“ mit der Aufschrift „Ich will meinen WSV zurück“, pflasterten die Bäume am Eingang zur Waldkampfbahn.

„Nachfragen wollte Friedhelm Runge nicht mehr beantworten. Er stieg mit seiner Frau Marita ins Auto und fuhr davon. Zurück bleibt ein Berg von Fragen. Wie geht es über den 31. März hinaus weiter, wenn Runge die Zahlungen als Hauptsponsor des WSV einstellt?

„Die Ereignisse haben sich völlig überschlagen“, sagte Finanzvorstand Lothar Stücker, der am Abend zuvor im Rahmen der Sondersitzung sein Amt ebenfalls niedergelegt hatte. „Tragisch ist, dass wir gerade ganz konkret an neuen Konzepten arbeiten, um den WSV für eine Zeit nach Friedhelm Runge auf neue Füße stellen zu können.“ Er selbst sei vor 18 Monaten allerdings unter anderen Rahmenbedingungen in den damals noch dreiköpfigen Vorstand eingetreten“, begründete der 49-Jährige, warum er nun mit Runge zurückgetreten sei. Jetzt den 1. Vorsitzenden zu machen, dazu sehe er sich nicht in der Lage, sagte Stücker, der sich in seiner Amtszeit sehr darum bemühte hatte, den WSV nach außen zu öffnen und die Zahlen transparenter zu machen.

Einen Rücktritt gab es auch im bisher siebenköpfigen Verwaltungsrat. Runges langjähriger sportlicher Berater Dietmar Grabotin hatte sein Amt aus Solidarität niederlegte. Grabotin ist auch leitender Angestellter in der Runge- Firma Emka.

Zuletzt etwas im Hintergrund gehalten hatte sich der Vorsitzende des Verwaltungsrats, Christoph Strieder. „Ich werde mich, wie der gesamte Verwaltungsrat der Verantwortung stellen, sagte er Sonntag. Wenn man den Vorsitz macht, ist man natürlich auch bereit dazu“, so der Rechtsanwalt, der bei der Sondersitzung am Freitag gefehlt hatte. „Es ist ja nicht neu, dass wir nach einer neuen Struktur suchen. Der Zeitdruck hat sich jetzt nur enorm erhöht“, zeigte er sich nicht bereit, alle Vorarbeiten über Bord zu werfen.

Am Montag muss sich der Verwaltungsrat, der von Heiner Düssel als stellvertretendem Vorsitzenden nach außen vertreten wird, auf eine Linie festlegen. Den Spielbetrieb in der Regionalliga sowie den sonstigen Vereinsbetrieb sehen Strieder und Düssel zunächst nicht gefährdet. Während Düssel aber unmittelbar von der Vorbereitung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung sprach („wohl Ende Februar, Anfang März“) sieht es Strieder als erste Option an, vielleicht doch erst Kandidaten für einen neuen Vorstand zu finden. Alles andere sei dann dessen Sache und Sache der Mitgliederversammlung. Bis zu der habe der Verwaltungsrat den Auftrag, den Betrieb aufrechtzuerhalten.

„Erst müssen wir jetzt aber alle Zahlen erhalten und Kassensturz machen“, sagten beide unisono. Dazu gehöre es auch, zu klären, wie mit den noch offenstehenden Darlehen verfahren werde, die Friedhelm Runge dem Verein gewährt hatte. Die waren auf der Jahreshauptversammlung im Herbst 2012 mit 2,3 Millionen Euro beziffert worden, dürften aber durch geringere Einnahmen und höhere Ausgaben während der enttäuschend verlaufenden aktuellen Saison gewachsen sein.

Auch da zählt Strieder aber noch auf Runge. „Ich habe ihn immer so verstanden, dass er den Verein schuldenfrei übergeben wolle.“

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