Der Sanierer Eichner setzt beim WSV auf Teamarbeit

Der neue Vorstandssprecher des Wuppertaler SV, Alexander Eichner, über seine Funktion und den Fahrplan der neuen Clubführung.

Glückwunsch zum neuen Amt Herr Eichner. Sie legen Wert darauf, Vorstandssprecher und nicht Präsident genannt zu werden. Warum?

Alexander Eichner (54): Weil das mehr dem Geist unserer Gruppe entspricht. Ich bin praktisch der Primus inter Pares (Erster unter Gleichen, Anm. d. Red.). Es geht nur um eine Kanalisierung der Kommunikation. Jeder hat hier klar sein Aufgabengebiet. Das setzt sich auch im Verwaltungsrat fort, der auch nicht mehr hierarchisch funktioniert, sondern sehr proaktive Mitglieder hat, die ihre Kompetenzen mit einbringen und nicht nur sitzen und diskutieren. Es ist eine meiner wesentlichen Aufgaben, diese einzelnen Möglichkeiten zu bündeln und in ein organisatorisches System zu bringen.

Was sind die ersten Schritte, die Sie unternehmen?

Eichner: Wir hatten gesagt, es gibt einen Arbeitsplan für diese Wochen. Entlang dessen arbeiten wir gerade. Die Hauptaufgaben sind, eine Orientierung über die tatsächliche Lage zu bekommen, von der Bürosituation, über die Unterlagen bis hin zur finanziellen Situation. Dabei geht es sowohl um die Rekrutierung neuer Mittel als auch die Grundsatzsituation mit den Gläubigern.

Das Team 2.0 hat eine Insolvenz als wahrscheinlichste Option genannt, um von den Altschulden herunterzukommen, will aber auch prüfen, ob es eine Möglichkeit gibt, die Regionalliga zu erhalten. Haben Sie sich einen Termin gesetzt, bis wann die Entscheidung fallen soll?

Eichner: Wir haben uns vorgenommen, noch in dieser Woche, möglichst bis Freitag. Wir brauchen eine so frühe Entscheidung einfach aus einem Grund: Achim Weber muss Planungssicherheit haben, was die Gestaltung eines Kaders angeht.

Gibt es bereits erste Ergebnisse der Finanzsondierung?

Eichner: Wir haben noch kein vollständiges Bild. Wir haben etwa heute wieder eine Information, dass da die ein oder andere Situation positiv wie negativ kommen kann. Auf der Geschäftsstelle haben wir leider keine aktuellen Unterlagen vorgefunden — die meisten sind im Rahmen der Steuerfahndung im Februar mitgenommen worden — dafür aber einen von Ex-Präsident Klaus Mathies vorschriftsgemäß unterzeichneten Urlaubsantrag von Manager Tobias Gebert. Ihm wollen wir jetzt an seinem Urlaubsort in Griechenland einen Fragenkatalog zusenden. Schließlich geht es auch um die finanzielle Entwicklung in den vergangenen Wochen, zu denen es hier nichts gibt.

Sie hatten auch angekündigt, das Gespräch mit dem Ex-Präsidenten, -Sponsor und Hauptgläubiger Friedhelm Runge zu suchen. Ist schon klar, wer es führt?

Eichner: Es gibt einen Termin am Mittwoch [29. Mai. Das Gespräch hat nun stattgefunden, siehe aktuelle Meldung, d.Red.], aber nicht mit Herrn Runge, sondern mit seinem Berater Dr. Leonhardt. Daran werde ich, der Verwaltungsratsvorsitzende Stefan Kirschsieper und natürlich Finanzvorstand Lothar Stücker teilnehmen. Es kann nur um die wirtschaftliche Situation und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen und rechtlichen Möglichkeiten gehen.

Welche Reaktion haben Sie auf die Mitgliederversammlung hin erfahren?

Eichner: Ich bin ja kein Wuppertaler, aber ich habe durchweg Positives mitbekommen. Ich sehe hier auf der Geschäftsstelle beispielsweise dauernd Leute, die Mitgliedsanträge ausfüllen. Das ist jetzt genau das Gebot der Stunde. Wer mitgestalten will, der sollte Mitglied werden. Wenn man den Verlauf des Freitags betrachtet, wie das Forum reagiert hat, sehr emotional oder auch sehr distanziert, zeigt das ja, dass die Initiative nichts Neues erfunden hat, aber dem Ganzen einen Namen und eine Stimme gegeben hat und damit ein Recht zur Mitgestaltung.

Sie sind mit ihrem Unternehmen Experte für die Umstrukturierung von Firmen. Inwieweit lässt sich das auf einen Verein wie den WSV übertragen?

Eichner: Die Situation hier ist eine ganz klassische kritische Unternehmenssituation. Wir reden in der Hauptsache erst einmal über ein finanzielles Problem, das gelöst werden muss, um dann zu sagen, in welchem Rahmen können wir jetzt die Hauptsache, um die es in diesem Verein geht, den Sport, wieder aufsetzen. Auf der emotionalen Seite gibt es da Unterschiede zu einer Unternehmensrestrukturierung, inhaltlich aber nicht.

Wie sind die Kontakte zum WSV und dem Team 2.0 entstanden?

Eichner: Ich bin über Achim Weber angesprochen worden, der von anderer Seite aufmerksam gemacht worden ist. Man hat versucht, ein Kompetenzteam zusammenzustellen, das sich möglichst komplementär ergänzt. Und da kam die Idee, jemanden dazuzuholen, der sich mit Restrukturierung auskennt und auch zum Team passt.

Was reizt Sie an der Aufgabe, die ja ehrenamtlich ist?

Eichner: Ich habe ein Herz für Traditionsvereine, habe selbst eine sehr umfangreiche Fußballantiquitätensammlung etwa mit einer Original-Eintrittskarte des WM-Endspiels von 1954, Fotos mit allen Unterschriften der 54er-Weltmeister oder ein Liverpool-Legenden-Trikot. Die zweite Sache ist rein beruflich: Für mich ist es eine neue, sehr positive Erfahrung. Normal geht man in Unternehmen hinein, die ein existenzielles Problem haben und muss dort relativ massiv durchgreifen, um die verbliebenen Kräfte zu bündeln. Das ist hier nicht der Fall. Hier gibt es eine Truppe im zweistelligen Bereich, die so konstruktiv miteinander umgeht, dass ich eine Softversion meines Normalansatzes durchführen kann. Außerdem wollte ich schon immer einen Fußballverein managen oder wahlweise ein Theater leiten.

Was ist Ihr Lieblingsverein — außer dem WSV natürlich?

Eichner: Ich bin in Mönchengladbach geboren und hatte eigentlich immer Dauerkarten und einen Parkplatz am Stadion. Ich habe da auch sehr gute Plätze, gleich vier Reihen hinter der Trainerbank von Lucien Favre. Ich muss aber dazu sagen: Ich habe jetzt einige Spiele vom WSV gesehen. Oberhausen war so ein Schlüsselerlebnis: sechs Grad, schlechtes Wetter, 3000 Zuschauer. Das ist irgendwie ehrlicher Fußball. Klar ist das eine untere Liga, aber es hat mich beeindruckt.

Dann werden Sie sich in der neuen Situation entscheiden müssen, falls der WSV weiter vorwiegend samstags spielen sollte.

Eichner: Ich habe ja auch in dieser Spielzeit schon das Spiel Gladbach gegen Schalke für den WSV ausfallen lassen.

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