Fußball: Schiedsrichter besser schützen

Interview: Die Schmerzgrenze ist erreicht, meint Klaus Huberti von der Spruchkammer.

Wuppertal. Was ging Ihnen am Sonntag durch den Kopf, als Sie von dem Spielabbruch in Sudberg gehört haben?Klaus Huberti: Das ist einfach nur erschreckend - schließlich handelt es sich ja um Freizeitsport.Andreas Fallah: Das sind natürlich Situationen, die mit Fußball nichts mehr zu tun haben. Da hört jedes Verständnis auf. Solche Personen gehören wirklich nicht auf den Fußballplatz. Haben derart gewalttätige Handlungen zugenommen?Huberti: Die Brutalität und die Bereitschaft, seinen Gegner vorsätzlich zu verletzen, haben in erschreckendem Maße zugenommen. Härte ist ja in Ordnung - solange die Regeln eingehalten werden. Jede Form von vorsätzlicher Körperverletzung hat hingegen nichts auf dem Fußballplatz verloren. Worauf führen Sie dieses Verhalten zurück?Huberti: Das ist kein alleiniges Problem des Fußballs, sondern ein soziales Phänomen. Denn Werteverfall sowie mangelnder Respekt sind in der Gesellschaft deutlich zu eruieren. Gewalt ist leider alltäglich geworden - das überträgt sich auch auf den Fußballplatz. Gibt es Ligen und Vereine, die besonders häufig negativ auffallen?Huberti: Gravierende Sachen passieren fast ausschließlich in den Kreisligen B und C - und leider meistens in Zusammenhang mit ausländischen Vereinen.Fallah: Wahrscheinlich, weil die Emotionen bei den ausländischen Spielern ganz anders gelagert sind. Sie springen zum Teil sehr schnell auf Beleidigungen an. Und es gibt eine Reihe von deutschen Spielern, die das schamlos ausnutzen. Das ist grobe Unsportlichkeit. Trotzdem stehen anschließend die Ausländer oft im Fokus. Von dem eigentlichen Verursacher ist dann allerdings keine Rede mehr. Man muss aber auch sagen, dass die meisten ausländischen Vereine hier einen ausgezeichneten Ruf genießen. Wie kann man gegen diese Geschehnisse vorgehen?Huberti: Einerseits sind wir gefordert, harte Strafen auszusprechen - wobei Strafen als Abschreckung sehr zweifelhaft sind. Wir als "letzte" Instanz können allerdings nur Zeichen setzen, im Vorfeld muss etwas passieren.Fallah: Die Vereine haben die Verpflichtung, sich um ihre Spieler zu kümmern und sich zu fragen, was sie besser machen können. Dazu gehört auch, auffällige Spieler frühzeitig aus dem Verein auszuschließen und nicht nur wegen des Beitrags oder ihren sportlichen Fähigkeiten zu behalten. Es geht nicht nur um die Spieler, wie können eigentlich die Schiedsrichter geschützt werden?Fallah: Das Bewusstsein eines Jeden sollte geschärft werden, was passiert, wenn es keine Schiedsrichter mehr geben sollte. Zudem sollte jeder Verein prüfen, ob alles zum Schutz der Schiedsrichter getan wird.Huberti: Spieler und Publikum müssen Sorge dafür tragen, dass dem Unparteiischen vor, während und nach dem Spiel nichts passiert. So müssten zum Beispiel einzelne Zuschauer, die für Unruhe sorgen, von der Platzanlage verwiesen werden. Können Sie sich an den härtesten Fall erinnern, den Sie im Kreis erlebt haben?Huberti: Da gibt es mehrere: Einem Schiedsrichter wurde mit einem Kopfstoß die Nase gebrochen, einem anderen zwei Zähne ausgeschlagen. In einem anderen Fall wurde der Unparteiische über den ganzen Platz gejagt.Fallah: Es gibt Beispiele, bei denen wurden nicht nur Spieler gesperrt, sondern einem ganzen Verein das Spielrecht entzogen. Allerdings gibt es das Phänomen, dass dann einfach ein neuer Verein gegründet wird und sie wieder ganz normal am Spielbetrieb teilnehmen. Sieht die Lage im Jugendbereich wenigstens besser aus?Fallah: Auch dort hat die Aggressionsbereitschaft zugenommen. Dieses passiert oftmals allerdings nicht auf dem Platz, sondern an der Seitenlinie bei den Eltern und Zuschauern. Zum Teil ist es wirklich erschreckend, was sich dort abspielt. So hat es Ende der vergangenen Saison sogar einen Spielabbruch in der F-Jugend gegeben.

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