Spielsucht: Die Wuppertaler verzocken 50 Millionen Euro im Jahr

Caritasverband weist bei einem Aktionstag auf die Gefahren der Spielsucht hin. Rund 3000 Wuppertaler sind betroffen.

Wuppertal. „Man denkt an nichts anderes mehr, bekommt einen Tunnelblick, verprasst alles und erst hinterher, wenn man aus dem Kasino geht, kommt man wieder zu sich“. So beschreibt Hans O. (Name von der Redaktion geändert) seine Spielsucht. Als seine Verlobte ihn verlassen hat, als er aus der Firma seines Vaters geworfen wurde, als seine Lebensgefährtin schwer erkrankte — in diesen Extremsituationen schlug er sich die Nächte in Spielhallen um die Ohren. Das Ergebnis war verheerend: „Man verspielt nicht nur seine gesamte Existenz, sondern auch sein Umfeld, seine Familie und Freunde“, sagt O.

Das Schicksal von O. ist kein Einzelfall: Sozialdezernent Stefan Kühn geht davon aus, dass allein im vergangenen Jahr rund 3000 Menschen in Wuppertal an pathologischer Spielsucht litten — Tendenz steigend. „Es ist also dringend an der Zeit, dass wir auf diese Thematik aufmerksam machen“, sagt Gabriele Kirchner, Leiterin der Suchthilfe des Caritasverbandes in Wuppertal. Mit acht Kooperationspartnern schloss sich die Caritas am gestrigen Donnerstag dem bundesweiten „Aktionstag Glücksspielsucht“ an und informierte auf dem Laurentiusplatz über die Ursachen und Folgen der Suchtkrankheit, die — im Gegensatz zu stofflichen Süchten — noch immer nicht in der gesamten Gesellschaft als Erkrankung wahrgenommen werde, wie O. beschreibt.

„Die meisten verstehen nicht, warum Spielsüchtige nicht einfach aufhören können“, erklärt der Betroffene. Er habe den Eindruck, dass er als Schwächling abgestempelt worden sei. „In vielen Köpfen ist noch nicht angekommen, dass Spielsucht eine Krankheit wie Alkoholabhängigkeit ist.“ Dabei sei pathologische Spielsucht offiziell als Krankheit anerkannt, erklärt Claudia Stratmann-Pickartz, die bei der Caritas Spielsüchtige berät. „Wichtig ist dabei, dass sich die Betroffenen entscheiden, etwas zu ändern“.

Die Caritas beschäftigt in Wuppertal drei Beraterinnen, die sich um Suchtkranke kümmern. Auch die Stadt will gegen die Spielsucht vorgehen: „Im Januar werden wir ein verschärftes Konzept in den Rat einbringen, das in bestimmten Risikozonen keine Spielhallen genehmigt“, so Kühn.

Dass man von der Spielsucht loskommen kann, zeigt unterdessen O.: Er führt inzwischen ein geordnetes Leben. „Ich habe gelernt, die Notbremse zu ziehen“, sagt er.

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