Eine erste Bilanz im Fall Springmann: Familiendrama kommt ans Licht

13 Verhandlungstage im Prozess um die Springmann-Morde sind vorüber. Eine erste Bilanz.

Eine erste Bilanz im Fall Springmann: Familiendrama kommt ans Licht
Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. Am 23. März hat der Prozess um die Morde an Christa und Enno Springmann begonnen. 13 Verhandlungstage haben bisher stattgefunden — gerade etwas mehr als ein Drittel der 35 Verhandlungstage, die das Gericht insgesamt veranschlagt hat. Der Prozess hat bisher viel Privates ans Licht gebracht, das insbesondere Enno Springmann für viele in einem neuen Licht erscheinen lässt. Ob die beiden Angeklagten überzeugend als Mörder überführt werden können, ist noch nicht feststellbar.

Der Doppelmord im März 2017 hat die Stadt erschüttert. Nicht allein die brutale Tat, sondern auch der Vorwurf, dass der heute 26-jährige Enkel des wohlhabenden Paars dahinter stecken soll, gemeinsam mit seinem heute 45-jährigen Geschäftspartner.

Die Angeklagten schweigen, ihre Anwälte haben für sie die Tat bestritten. Das Gericht muss anhand von Indizien urteilen, was den Prozess so aufwendig macht. Am Richtertisch sitzt die Schwurgerichtskammer aus dem Vorsitzenden Richter Robert Bertling, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei Schöffen. Wegen der Länge des Verfahrens sitzen zudem ein Ersatzrichter und zwei Ersatzschöffen dabei — damit bei einem Ausfall der Prozess nicht neu starten muss.

Auch der Tisch der Angeklagten ist eng besetzt: Der 45-Jährige hat zwei Verteidiger, der Enkel sogar vier, die als renommierte Anwälte gelten. Sie sind engagiert, fragen viel, geben nach Zeugenaussagen wertende Erklärungen ab, kritisieren die Frageweise der Richter. Das führte schon zu gereizter Atmosphäre, aber bisher nicht zu Streit. Anträge, zum Beispiel die Befangenheit des Gerichts zu prüfen, die den Fortgang eines Prozesses sehr bremsen können, gab es bisher nicht. Der Vorsitzende achtet auf eine sachliche Atmosphäre.

Begonnen hat der Prozess im großen Schwurgerichtssaal, dessen schiere Größe Respekt einflößt. Ab dem dritten Verhandlungstag fand der Prozess in einem kleineren Saal statt, alle mussten zusammenrücken. Für Zuschauer reduzierte sich der Raum von 80 bis 100 Plätzen — die auch gefüllt waren — auf 20 bis 30. Inzwischen finden die Verhandlungen im Neubau statt, in dem etwas mehr Platz, die Luft dennoch bald verbraucht ist. Noch immer kommen etwa 20 Zuhörer, neben Journalisten Angehörige der Angeklagten. Sie nicken den Männern auf der Anklagebank zu, direkter Kontakt ist nicht erlaubt.

Beide Angeklagte reagieren äußerlich wenig auf das, was in der Verhandlung geschieht. Der Enkel, stets im Anzug, flüstert häufig seinen Anwälten etwas zu, sein Gesicht ist undurchdringlich. Der Geschäftspartner, der mal im Hemd, mal im Shirt kommt, zeigt mehr Mimik, aber nur, wenn er Richtung Zuschauerbank lächelt.

Der Prozess besteht aus Puzzleteilen. Zuletzt ging es um mögliche Geständnisse des Enkels Mithäftlingen gegenüber. Man hat gehört, wie die Toten gefunden wurden und wie sie verletzt waren. Und dass der Todeszeitpunkt schwer festzustellen ist.

Zuvor nahmen Beziehungen und Charaktereigenschaften viel Raum ein, zum Beispiel von Enno Springmann — anspruchsvoll, aufbrausend, korrekt, aber mit außerehelichen Beziehungen — und von seinem Enkel — sensibel und großzügig sei er, heißt es, doch er ließ die Großeltern in dem Glauben, er studiere, obwohl das nicht stimmte. Die Familienbeziehungen waren schwierig: Enno Springmann hatte den Kontakt zum Sohn abgebrochen, die Eheleute wahrten zwar die Fassade, stritten aber wohl viel, auch wegen des Sohns.

Das Gericht ist auf Bekannte angewiesen, denn die Angehörigen machen von ihrem Schweigerecht Gebrauch. Nur der Sohn des ermordeten Paars hat erlaubt, dass seine Aussage bei der Polizei verwendet wird.

Es geht auch um das Verhältnis von Großvater und Enkel. Eng sei es gewesen, sagen Zeugen, wenn auch der Großvater nicht zufrieden mit dem Enkel war. Diese Themen sind wichtig für die Frage, ob das in der Anklage formulierte Motiv glaubhaft ist: Enno Springmann soll darüber, dass sein Enkel nicht studierte, so erbost gewesen sein, dass er eine Enterbung in Betracht zog. Um die zu verhindern, soll das Ehepaar ermordet worden sein.

“ Der nächste Prozessstag ist für kommenden Mittwoch, 30. Mai, angesetzt.

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