Leben im Denkmal Wohnen in der Villa Esser

Der Stahlwarenfabrikant errichtete den Bau um 1900. Wolfgang Gilde kümmert sich heute um das Denkmal an der Goebenstraße.

Briller Viertel. Sogar eine Gondel in der Villa soll es einst gegeben haben. Zumindest der Legende nach, wie unter anderem im Büchlein „Wuppertal entdecken“ nachzulesen ist. Ob sich Erbauer Max Esser, Stahlwarenfabrikant und offenbar steinreich, wirklich mit seiner Angetrauten Ria über ein unter den Bodenplatten verstecktes Bassin in Richtung Garten schippern ließ? Vielleicht auch nur ein nettes Märchen. Aber Anekdoten wie diese hat der heutige Hausherr Wolfgang Gilde gleich en masse zum Denkmal an der Goebenstraße 16 parat.

Etwa, wenn er über die aus heutiger Sicht eher ungewöhnlichen Wohnverhältnisse spricht, als die Villa später im städtischen Besitz war. „Kreuz und quer wurde hier früher gewohnt“, erzählt Gilde. So hatten einige Mieter aus den unteren Etagen ihre Schlafräume unterm Dach, mussten aus ihren Wohnungen praktisch einmal quer durchs Haus.

Gildes Eltern hatten die 1901 fertiggestellte Villa in den 1960er Jahren erworben. „Zwei Jahre lang wollte sie vorher keiner haben“, erklärt Wolfgang Gilde, der sich seit 1995 um das Schmuckstück kümmert. „Eine Herausforderung“, erzählt der 67-Jährige. Aber eine schöne. Knapp 1000 Quadratmeter Wohnfläche bietet das Gebäude, verteilt auf derzeit neun Mietparteien. Dass die Villa so groß gebaut wurde, lag vor allem auch daran, dass Essers fünf Kinder hatten — und auch Platz für die Bediensteten brauchten. 30 Quadratmeter war allein die Küche groß, gefliest bis unter die Decke und heute als Praxis genutzt.

In der Nachbarschaft sei die Villa bekannt gewesen. Musikprofessoren und Dirigenten wohnten dort — oder auch Schauspieler wie Horst Tappert. Stimmen vom Theater und Schauspiel wurde dort ausgebildet. Im Sommer, wenn die Fenster offen standen, habe es weithin geklungen, weiß Gilde noch von Nachbarn.

Das ursprüngliche Musikzimmer des Ehepaars Esser ist größtenteils erhalten und wird ebenfalls als Praxis genutzt. Der im Jugendstil gestaltete Raum war in vielen Publikationen zu sehen. „Die Decke war ursprünglich mit Blattgold bezogen“, sagt Gilde. Es gab sogar mal den Plan, das Kleinod komplett nach Köln ins Museum zu verfrachten.

Viele Veränderungen hat die Villa im Lauf der Jahrzehnte erfahren. Nicht alle zu ihrem Vorteil, wie Gilde weiß. Deshalb sei es sein Ziel es gewesen, den Bau möglichst wieder in Richtung Urzustand zu bringen. Vieles aus dem Originalbestand hat er aufarbeiten lassen wie etwa den stattlichen Kamin, der Besucher im Eingangsbereich empfängt.

Viel habe er investiert, unter anderem auch in neue Verglasungen der Original-Fenster. Denn bei Deckenhöhen von 4,40 im Erdgeschoss und immer noch 3,20 Meter unterm Dach seien natürlich die Energiekosten ein leidiges Thema, wie Gilde einräumt. 1996 hat er nach eigenen Angaben 280 000 Kilowattstunden verbraucht und 6439,90 Euro bezahlt. 2009 waren es 115 000 Kilowattstunden weniger — die Kosten verdoppelten sich aber fast.

Kritik übt er an den Denkmalbehörden. Die Nutzung von regenerativen Energien sei überall im Gespräch, bei alten Häusern werde das aber oft nicht erlaubt mit Verweis auf die Denkmalschutzauflagen. Gilde kann zwar seit Anfang des Jahres Sonnenkollektoren auf dem Dach als Unterstützung seiner Gasbrennwertanlage nutzen. Die seien auch mit 6700 Euro bei circa 25 000 Euro für die Anlage gefördert worden. „Aber auch die Kollektoren hat man mir ursprünglich gar nicht erlaubt.“ Die Energiebauftragte der Stadt habe schießlich vermitteln müssen.

Für Gilde unverständlich angesichts von Aktionen wie dem 1000 Dächer-Programm für Photovoltaikanlagen in der Stadt. „Das ist doch ein Widerspruch.“ Ihn störe, dass der Denkmalschutz zwar verbiete, aber keine Lösungen im Bezug auf die Kosten der Unterhaltung und die CO2-Einsparziele liefere. „Da muss man Kompromisse finden.“ Gerade im Briller Viertel, wo für die vielen Neubauten ohnehin andere Maßstäbe gelten.

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