Leben im Denkmal (21): Eine Siedler-Idylle auf Hatzfeld

In den 1930er Jahren entstand die Lotte-Neumann- Siedlung mit ihren Fachwerkhäusern.

Hatzfeld. Es ist idyllisch mitten zwischen den Fachwerkhäusern mit den blühenden Vorgärten. Nur das Rauschen der A 46 stört hier oben auf Hatzfeld ein wenig. Die Lotte-Neumann-Siedlung hat etwas von einem kleinen eigenen Dorf. „So war es ja auch mal gedacht“, sagt Annemarie Willers, die seit Jahren an der Straße Am Anger wohnt. Sogar eine Art Marktplatz sollte es geben, das Haus der Willers’ war als „Rathaus“ konzipiert.

„Hier aufzuwachsen, war ein Traum“, sagt ihre Tochter Anne, die zwar mittlerweile in der Schweiz lebt, aber immer noch gerne nach Hause kommt und sich auch für die Geschichte der Siedlung interessiert. Schließlich ist es auch ein Stück Familienhistorie, denn ihre Großmutter arbeitete einst bei Carl Neumann als Sekretärin. Der Barmer Fabrikant war sozusagen der „Vater“ des Wohnprojektes. Sozial engagiert wollte er vor allem kinderreiche Familien unterstützen — die Idee für die Siedlung, die er nach seiner früh verstorbenen Tochter Lotte benannte, war geboren.

1936 begann der Bau der Häuser im damals typischen bergischen Fachwerkstil. „Er wollte es einfach auch schön haben“, sagen Mutter und Tochter Willers. Weichen mussten dafür ein altes Gut und eine Villa.

Pittoresker als jetzt dürfte der Anblick damals aber auch nicht gewesen sein. Und zumindest von der Villa Schniewind sind ein paar Spuren erhalten geblieben. „In unserem Garten gibt es noch Reste der alten Bruchsteinmauer“, erzählt Nachbar Peter Oertel. Momentan noch versteckt durch einen Stapel Brennholz will er die Mauer wieder freiräumen.

Die 26 Häuser, die auf dem Areal bis 1939 entstanden, ähneln sich, sind aber doch nicht gleich. „Sie waren so konzipiert, dass sich separate Wohnungen einrichten ließen“, weiß Bärbel Oertel. Zu eng sollte die Bebauung nicht werden. „Kein Haus steht einem anderen direkt gegenüber.“ Und so kinderreich, wie von Neumann gedacht, waren die Familien dann doch nicht. Der Schnitt lag beim Bau der Siedlung bei 1,4 Kindern pro Familie, wie die mittlerweile verstorbene Siedlerin Trude Lucas in einer längst vergriffenen Schrift aufgelistet hat. Lucas untertitelte ihre liebevoll zusammengestellte Broschüre mit „Eine Dokumentation und Liebeserklärung“. Und irgendwie passt das zur Siedlung, in der die Bewohner teilweise schon in der dritten Generation leben — und es einfach lieben.

„Das ist einfach etwas Einmaliges in unserer Stadt“, sagen die Familien Willers und Oertel über die Idylle, die viele Wuppertaler gar nicht kennen. „Selbst Taxi-Fahrer wissen oft nichts mit der Lotte-Neumann-Siedlung anzufangen.“

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