Turbo-Baustelle: An einem Tag zum Passivhaus

Hämmern, bohren, sägen: Arbeiter errichteten in wenigen Stunden ein energiesparendes Gebäude.

Oberbarmen. Die Anwohner kann der Lkw, der anrollt, nicht stören. Die Schaufenster-Puppen in den Fenstern der Fertighäuser sind rund um die Uhr hellwach. In zehn Stunden soll auf dem Gelände der Fertighaus-Ausstellung am Eichenhofer Weg ein neues Haus stehen. Ein Passivhaus, das kaum Energie verbraucht, in der Regel 1,5Liter Heizöl im Jahr pro Quadratmeter, in gängigen Wohnhäusern sind es zehn. Es ist noch früh, das Wetter nicht das beste, es nieselt, aber Friedhelm Kaufhold von der Medebacher Firma Partner-Haus ist bereits hellwach.

Fünf Männer hieven mit dem Kran die ersten hölzernen Stellwände auf das Fundament, Kaufhold umrundet die Baustelle mit seinem Fotoapparat und knipst. Die Wände greifen ineinander. Ganz Geschäftsmann weigert Kaufhold sich zu glauben, dass es Probleme geben könnte. "Wir haben die Wände in unserer Werkstatt gefertigt. Da stimmt alles." Muss es auch, denn das Passivhaus wärmt seine Bewohner, indem es Energie aus der Umgebungsluft bezieht. "Wichtig ist, dass das Haus perfekt verdichtet ist und keine Wärmebrücken entstehen", sagt Chefin Ute Lefarth. Gemeint sind Fenster oder Bauteile, die mehr Wärme nach Außen leiten als andere Stellen am Haus.

Seit 36 Jahren ist Lefarth im Geschäft, sie kennt sich aus und ist dementsprechend lässig. Selbst wenn der Bau stockte, hätte das Team noch sechs Wochen Zeit, den Rohbau zu errichten. Erst dann hält das Holz dem Regen nicht mehr stand.

Der nächste Lkw schlängelt sich vorbei an grasgrünen Vorgärten. Das Erdgeschoss steht, die Handwerker kauen an ihren Brötchen. Die Pause wärt kurz, eine halbe Stunde vielleicht, nicht länger. Bereits gegen 13Uhr hievt der Kran das Holz fürs erste Stockwerk auf das Erdgeschoss. Die Handwerker legen die Wasserwaage an - sie reicht vom Boden bis ins obere Stockwerk - sie ziehen, hämmern rufen: "Ja noch ein Stück". Mehr als wenige Millimeter darf keine Wand vom Plan abweichen. Dann steht der Giebel und Kaufhold knipst. Lefarth ist zufrieden: "Passivhäuser liegen im Trend", sagt sie. Joachim Decker von der EnergieAgentur.NRW, der den Bau dokumentiert, sieht das anders: "Passivhäuser werden immer noch stiefmütterlich behandelt. Dabei sind sie energetisch sinnvoll."

Um 17Uhr schüttet es. Zimmermeister Stefan Scholl und seiner Männer sind klatschnass und waten durch den Schlamm vor dem Haus. Der Aufbau ist beendet, ein letztes Mal surrt der Akkuschrauber, der Kranführer macht seinen Arbeitsplatz bereit für die Heimfahrt. Dort, wo im Passivhaus später Flur sein soll, steht das Wasser. Erst Anfang Oktober wird das Haus bezugsfertig sein. Bis dahin bekommt der Rohbau ein Solardach und ein Kompaktgerät, das verbrauchte Luft aus Flur, Bad, Küche in Wärme wandelt. Für die Presse stoßen die Zimmermänner auf den Neubau an. Normalerweise geht’s nach dem Aufbau eines Fertighauses gleich nach Hause. "Die Männer sind nach so einem Tag einfach viel zu müde, um zu feiern", sagt Ute Lefarth. Die Chefin wirft einen letzten Blick aufs neue Haus, der Richtkranz trotzt dem Regen. Sie ist zufrieden - und Kaufhold knipst.

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