Lässt sich die Kraft der Wupper für den Atomausstieg verwerten?

Im Bergischen hat die Nutzung der Wasserkraft Tradition. Ist sie ein Baustein der Energiewende?

Wuppertal. Lassen sich Flüsse wie die Wupper in Zukunft stärker einspannen, wenn es darum geht, sich auf Dauer von der Atomkraft und von fossilen Energieträgern zu verabschieden? Im Bergischen Land hat die Nutzung der Wasserkraft eine lange Tradition, die bis heute nachwirkt — aus Sicht von Experten aber auch dazu verleiten kann, in Zeiten des Umbruchs die falschen Schlüsse zu ziehen.

Tatsache ist, dass die Wupper in Zeiten der Industrialisierung eng mit der wirtschaftlichen Entwicklung der ganzen Region verzahnt war — als Wasserlieferant ebenso wie als Energiequelle beim Betrieb von Mühlen, Hammerwerken und Schleifkotten. Zur Sache ging es an der Wupper aber nicht nur mit dem Antrieb von Wasserrädern: „Um das Jahr 1950 gab es alleine im unteren Lauf der Wupper zwischen Cronenberg und der Rheinmündung etwa 30 Wasserkraftanlagen, die der Stromerzeugung dienten“, erklärt Thorsten Luckner, beim Wupperverband verantwortlich für die Nutzung regenerativer Energien.

Beim Thema Wasserkraft ist der Verband mit seinen großen Anlagen — insbesondere an der Wuppertalsperre — „Platzhirsch“ in der Region, neben einer Reihe privater Betreiber und zum Beispiel auch den Wuppertaler Stadtwerken, die unter anderem in Herbringhausen ein solches System für sich arbeiten lassen (siehe Info-Kasten). In der Pipeline hat der Wupperverband eine neue Anlage an der Großen Dhünntalsperre, die der Bezirksregierung in absehbarer Zeit zur Genehmigung vorliegt: Im Entnahmeturm dieser Trinkwassertalsperre soll eine Anlage mit einer elektrischen Leistung von 280 Kilowatt installiert werden. Außerdem prüft der Verband, inwieweit das System an der Wuppertalsperre im Rahmen eines so genannten „Re-Powerings“ technisch aufgerüstet und damit auf einen neuen Stand gebracht werden kann.

Und genau hier aus Luckners Sicht noch Potenzial entlang der Wupper: Beim „Re-Powering“ geht es um die Modernisierung bereits bestehender Standorte — wie sie auch bei Windkraftanlagen in den Blick rückt, die mittlerweile auch gut 20 Jahre auf dem Buckel haben. „Hier lassen sich bestehende Systeme technisch und aus betriebswirtschaftlicher Sicht noch optimieren.“ An der Wuppertalsperre wolle man einen „Plan B in der Tasche haben“, um diese Anlage in absehbarer Zeit auf einen neuen Stand bringen zu können.

Tatsache ist aber auch, dass die Möglichkeiten, die Wasserkraftnutzung an der Wupper jenseits der Talsperren auszubauen, technisch, wirtschaftlich, ökologisch und rechtlich äußerst begrenzt sind: So genannte Querbauwerke im Fluss zu errichten, untersagt alleine schon die Europäische Wasserrahmen-Richtlinie. Auch die Wupper muss für ihre natürlichen Bewohner durchgängig bleiben. Luckner: „Ganz so einfach ist die Sache also nicht, und die Möglichkeiten bei der Wasserkraft sind in weiten Teilen ausgereizt.“ Jenseits dessen steht der Wupperverband grundsätzlich auch mit den Stadtwerken in Verbindung, wenn es um den Ausbau der Wasserkraft bei gemeinsamen Projekten geht. „Wir nehmen den Flusslauf jetzt noch einmal unter die Lupe.“ Mit Blick auf den geplanten Atom-Ausstieg und den Rückgriff auf regenerative Energien ist allerdings auch für Luckner eines klar: „Wir stehen in Deutschland vor einer industriellen Revolution.“

Und einer ihrer Bausteine ist — global gesehen — die Wasserkraft. Hierbei richtet sich der Blick neben der Optimierung der klassischen Wasserkraftanlagen nun auch auf die Nutzung des Stromspeicherpotentials der Wasserkraft in sogenannten Pumpspeicherkraftwerken. Luckner: „Aber das ist nur im Schulterschluss zu schaffen.“

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