Sozialpolitik ist mehr als nur ein Kostenfaktor

Dezernent Stefan Kühn sprach vor der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik über sein Arbeitsfeld.

Sozialpolitik ist mehr als nur ein Kostenfaktor
Foto: Anna Schwartz

Für Stefan Kühn ist kommunale Sozialpolitik viel mehr als Hartz IV und Hilfe vom Staat. Sie ist ein Instrument, Städte lebenswerter zu machen. Und sie ist ein Wirtschaftsfaktor. Diese These belegte Wuppertals Dezernent für Soziales, Schule, Jugend und Integration am Montag vor Mitgliedern der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik. Die Zahlen sind beeindruckend. Allein die 600 Mitarbeiter des Jobcenters geben jedes Jahr rund 350 Millionen Euro aus. Es bewilligt Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II, kümmert sich also um die sogenannten Hartz IV-Empfänger. Es bemüht sich mit Programmen und Projekten, Erwerbslose zurück in den Arbeitsmarkt zu bringen. Es wirbt bei Jugendlichen aus schwierigen Verhältnissen um die Erkenntnis, dass eine Berufsausbildung der Beginn eines guten Erwachsenendaseins sein kann.

In den sieben städtischen Altenheimen betreuen 400 Beschäftigte etwa 3500 Menschen. Dabei werden jedes Jahr 50 Millionen Euro umgesetzt. Die 70 städtischen Kindergärten bewegen jedes Jahr ebenfalls 50 Millionen Euro und geben 750 Frauen und Männern Lohn und Brot. Die Liste ließe sich fortsetzen, um Kühns Aussage zu untermauern, dass Sozialpolitik mehr ist als ein reiner Kostenfaktor. Sie schafft Arbeit und eine Struktur, die es anderen ermöglicht, einer Beschäftigung nachzugehen.

Doch daran scheitern viele in Wuppertal nicht nur wegen fehlender Kita-, sondern auch wegen fehlender Arbeitsplätze. Dass SPD-Fraktionsgeschäftsführer Ulf Klebert dem Dezernenten deshalb die „provokante Frage nach dem 2. Arbeitsmarkt“ stellte, empfand Kühn deshalb gar nicht als provokant. Denn seinen Angaben zufolge ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Stellen in Wuppertal in den vergangenen Jahren vom historischen Tiefststand 115 000 wieder auf etwa 125 000 gestiegen.

Aber nicht zuletzt wegen der Zuwanderung aus arabischen und europäischen Staaten reicht das nicht. Außerdem gibt der 1. Arbeitsmarkt schwerer Vermittelbaren überhaupt keine Chance. „Deshalb ist ein 2., vom Staat finanzierter Arbeitsmarkt da richtig, wo er dem 1. Arbeitsmarkt keine Konkurrenz macht“, sagte Kühn. Beispielhaft erinnerte er an die Tribüne im Zoo-Stadion, die gebaut wurde, indem Sozialhilfeempfänger zu Betonwerkern ausgebildet wurde. „90 Prozent von denen haben wir in den ersten Arbeitsmarkt vermitteln können, manche sogar bis nach Holland“, sagte Kühn. Eine Blaupause für die aktuellen Pläne um das Stadion des Wuppertaler SV sei das aber nicht.

Trotz der im Landesvergleich immer noch schwachen Wuppertaler Zahlen sieht Kühn den Arbeitsmarkt im Aufwind. Er macht das an den Zahlen von Hilfeempfängern nach dem Sozialgesetzbuch II fest. Bereinigt um Flüchtlinge sei dieser Wert auf dem niedrigsten Stand, seit es diese Form der Unterstützung in Deutschland gebe.

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