Analyse So könnte der Bergische Rat sinnvoll werden

Das politische Gremium braucht Kompetenz und die Region einen gemeinsamen Erfolg.

Wuppertal. Gestern hat der Bergische Rat getagt, diesmal in Solingen. Das ist aber auch schon der einzige Unterschied zur Sitzung beispielsweise in Wuppertal. Das Ergebnis ist dasselbe. Keines. Dabei könnte das Parlament der Bergischen Region, also des Städtedreieckes Wuppertal/Solingen/Remscheid ein Motor für die Zukunft des Bergischen Landes sein.

Die Initiative zum Bergischen Rat geht vor allem auf den amtierenden Präsidenten der Industrie- und Handelskammer (IHK), Thomas Meyer, zurück. Er will die Region zusammenschweißen, auf dass sei im Gleichschritt in eine gute wirtschaftliche Zukunft geht. Das ist erstens aller Ehren wert und zweitens richtig. Doch die Konstruktion hat einen Haken: Der Bergische Rat ist ein zahnloser Tiger, wenn er überhaupt ein Tiger ist. Die beteiligten Städte haben zwar kommunalpolitisches Spitzenpersonal entsandt. Aber entscheiden kann es nichts. Mehr noch: innerhalb der Fraktionen sich die Vertreter selten bis gar nicht einig, was angesichts der Beschlussunfähigkeit Gremiums aber nicht weiter ins Gewicht fällt.

Der Rat trifft sich mehrmals im Jahr. Das wird er auch weiterhin tun, ohne dass es irgendwelche messbaren Folgen hätte. Im Schatten des Gremiums arbeitet die Bergische Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft hingegen sehr konkret und zielstrebig daran, die Idee vom Bergischen Städtedreieck in die Welt zu tragen. In dieser Woche geschah das mit einem Stand auf der Messe Digital in Köln, wo auf die belegbare Innovationskraft der Region hingewiesen wird. Demnächst ist sie auf der Immobilienmesse Expo-Real in München. Zusagen, zu entscheiden, zu verkaufen hat die Gesellschaft nichts. Sie dient der Imagepflege. Das macht sie allerdings engagiert und sichtbar. Zu mehr regionaler Zusammenarbeit wird das aller Voraussicht nach aber nicht führen. Die Bergische Idee droht dahinzusiechen, bis sie von den politischen Egoismen der drei beteiligten Städte endgültig ins Vergessen gedrängt wird.

Der Bergische Rat braucht mehr Kompetenz. Er muss entscheiden können, und zwar so, dass die Räte der Städte an sein Votum gebunden sind. Um das zu erreichen, müssen die Städte, analog zur derzeit nicht sonderlich beliebten Europäischen Union, Kompetenzen abgeben. Beschäftigungsfelder für den Bergischen Rat gibt es heute schon genug. Das beginnt bei der Infrastruktur, die auch Bergisch abgestimmt werden könnte, es geht über die Wirtschaftsförderung, die kommunale Eitelkeiten überhaupt nicht verträgt und endet sicher nicht bei mehr Dienstleistungskooperation. Dass beispielsweise Wuppertal und Soligen eine gemeinsame Volkshochschule betreiben, während Remscheid eine eigene hat, ist ebenso schwer zu verstehen, wie die Tatsache, dass es immer noch keine Bergische Feuerwehrleitstelle gibt, von einer gemeinsamen Feuerwehr ganz zu schweigen.

So wie er heute agieren kann, überzeugt der Bergische Rat nicht. Er ist allenfalls ein Abstimmungsgremium, in dem Entscheidungen der jeweiligen Stadträte besprochen werden. Der Bergische Rat schafft auch keine Bergische Region. Die Städte handeln und denken immer noch einzeln. Der Unsinn, dass es demnächst in jeder ein Einzelhandels-OutletCenter geben könnte, sich also alle untereinander Konkurrenz machen, ist dafür ein Beispiel, das jenseits des Städtedreiecks mitleidiges Kopfschütteln auslöst. Dabei wäre gerade in der Wirtschaftsförderung Gemeinsamkeit notwendig. Dass die Düsseldorfer Regierungspräsidentin Annemarie Lütkes mehr Regionalität fordert, kommt nicht von ungefähr. Die Europäische Union beispielsweise kümmert sich nicht um einzelne Städte, sie fördert Regionen. Bisher fließt auch aus Berlin immer noch und schon zu lange viel zu Geld am Bergischen Land vorbei ins Ruhrgebiet.

Fürs Erste könnten sich die Städte als Zeichen regionalen Handels zu einem gemeinsamen Gewerbegebiet durchringen, dessen Einnahmen nach Bevölkerungszahl verteilt werden. Anlass dafür gibt es genug. Wuppertal wäre derzeit vermutlich nicht im Stande einem suchenden Unternehmen etwa 20 000 Quadratmeter zur Verfügung zu stellen, die es für sein geplantes Wachstum braucht. Solingen hingegen hätte Flächen, aber derzeit keine große Nachfrage. Was liegt in solch einem Fall näher als Kooperation? Wenn neue Arbeitsplätze beispielsweise schon nicht in Wuppertal entstehen können, dann doch besser in Solingen oder Remscheid als in Ennepetal oder Monheim. Das wäre die Brücke zur Region Bergisches Land. Erfolg verbindet.

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