So gehen Nachbarstädte mit ihrer Drogenszene um

Wuppertal scheint sich den Dealern ergeben zu haben und lässt sie mitten in der Stadt weitgehend unbehelligt ihren schmutzigen Geschäften nachgehen.

So gehen Nachbarstädte mit ihrer Drogenszene um
Foto: Stefan Fries

Wuppertal. Die Drogenszene lässt sich nicht verlagern. Basta. So argumentieren Rat und Verwaltung in Wuppertal, wenn es um die Frage geht, ob den Süchtigen eine Anlaufstelle abseits des neuen Stadtzentrums angeboten werden kann. „Nein“, sagt Sozialdezernent Stefan Kühn (SPD). Und sein Wort hat Gewicht. Auch bei der CDU, dem Kooperationspartner der SPD im Stadtrat.

Also wird mitten auf dem neuen Döppersberg, gleich neben dem Köbo-Haus und dem Infopavillon nebst Ticketzentrale der Stadt das neue „Café Cosa“ gebaut. Davon, dass die Kosten dafür von Spendern getragen werden sollten, ist schon lange keine Rede mehr. Die zwei Millionen Euro werden von der Stadt bezahlt, weil sich entgegen Kühns Ankündigung keine Spender finden ließen.

Damit steht vermutlich fest, dass Wuppertals neues Zentrum auch ein Drogenumschlagplatz wird. Die Szene beginnt wie schon heute am Islandufer, wo eine Treppe den Zugang zur Wupper ermöglicht. Sie endet in der Hofaue, wo mehr oder weniger im Lichte der Öffentlichkeit Rauschgift und Geld ihre Besitzer wechseln.

Auch in der Nachbarstadt macht die Drogenszene immer wieder Schwierigkeiten. Die führten nun dazu, dass an der Mummstraße in der Innenstadt die Filiale einer Bäckerei geschlossen wurde. Der Inhaber hatte immer wieder beklagt, dass sich das Umfeld seiner Filiale zum Treffpunkt für Alkoholiker und Rauschgiftsüchtige entwickelt habe. Stadt und Polizei reagieren darauf zwar mit mehr Präsenz, sehen aber keine Möglichkeit, der Szene den Aufenthalt dort zu untersagen. Pläne, andernorts einen neuen Treffpunkt für Süchtige zu gestalten, liegen auf Eis.

Die Landeshauptstadt verhindert konsequent, dass sich überhaupt eine offene Drogenszene bildet. „Natürlich können wir nicht überall sein, aber wir haben das Konzept Evos“, erklärt Polizeisprecher André Hartwich. Evos bedeutet „Einsatz zur Verhinderung einer offenen Szene“. Wenn es Hinweise gibt, dass Rauschgifthändler sich dauerhaft in der Nähe des Hauptbahnhofs oder einer Grünanlage aufhalten, gibt es gemeinsame Großeinsätze von Polizei, Stadt und der Verkehrsbetriebe Rheinbahn, um die Szene aufzulösen. Laut Polizei hat sich dieses Null-Toleranz-Konzept gegen die Rauschgiftszene in den vergangenen Jahren bewährt. Drogenhandel und Rauschgiftsucht gibt es allerdings auch in Düsseldorf immer noch.

Die Polizei in der ehemaligen Textilstadt am Niederrhein hat ein „Präsenzkonzept Innenstadt“ entwickelt. Dahinter verbirgt sich die häufigere Kontrolle bekannter Drogenumschlagorte, von denen sich, wie etwa der Theaterplatz, viele im Stadtzentrum befinden. Vorausgegangen waren Hinweise aus der Bevölkerung, die sich an Orten in der Innenstadt nicht mehr sicher fühlten.

In Krefeld ist auch das Ordnungsamt in die Beobachtung der Rauschgiftszene eingebunden. Die Stadt zeigt mit Kontrollfahrten Präsenz und agiert, wenn sie Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz feststellt, in dem sie die Polizei einschaltet.

Sowohl in Krefeld als auch Düsseldorf und Solingen ist das Bemühen von Polizei und Ordnungsämtern zu erkennen, den Drogenhändlern kein Gebiet der Stadt widerstandslos zu überlassen.

Das gilt auch für Wuppertal. Aber im neuen Zentrum der Stadt sind die Voraussetzungen dafür schwieriger. Durch das geplante Café Cosa werden sie vermutlich noch komplizierter werden. Durch die Einrichtung und deren Nähe sowohl zum Hauptbahnhof als auch zum Drogenumschlagplatz Hofaue sowie durch die institutionalisierten Hilfeeinrichtungen Gleis 1 am Bahnhof, Wuppertaler Tafel und Café Cosa entsteht eine Infrastruktur, welche die Szene dadurch vergrößern kann, dass sie Händler und Süchtige von außerhalb Wuppertals anlockt. Das ist umso wahrscheinlicher, als Polizei und städtisches Ordnungsamt mangels Personal keine ständige Präsenz organisieren können.

Hinzu kommt, dass die Polizeiwache Döppersberg im Köbo-Haus aufgegeben werden muss. Sie zieht ins nur eine halbe Gehminute entfernte City-Center an der Schloßbleiche, ist dadurch aber weniger sichtbar als vorher im Köbo-Haus.

Ungeachtet der Frage, ob Anlaufstellen für Drogensüchtige unmittelbar in Innenstädten geschaffen werden müssen, funktioniert das Hilfsangebot in Wuppertal offenbar sehr gut. Während im Jahr 2000 noch 15 Drogentote zu beklagen waren, starb in den vergangenen Jahren maximal noch ein Süchtiger im Drogenrausch. Beschaffungskriminalität spielt hingegen eine große Rolle in der Arbeit der Polizei. Für das vergangene Jahr weist die Statistik für Wuppertal fast 1396 Fälle auf. Zum Vergleich: In Remscheid waren es 274, in Solingen 578 Fälle.

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