Sitzende geht auf Wanderschaft

Sie wurde geteert und gefedert, wechselte mehrfach ihren Standort. Nun zieht die Skulptur von Henry Moore in den Skulpturenpark um.

Sitzende geht auf Wanderschaft
Foto: Stadt Wuppertal, Carmen Klement

Wuppertal. Das Schicksal hat es nicht immer gut gemeint mit der Sitzenden, einer Bronzeskulptur von Henry Moore. Der britische Bildhauer hatte die Sitzende als Außenskulptur für die Schwimmoper geschaffen, doch seit 1958 wechselte sie mehrfach ihren Standort. 2010 kehrte sie nach Stationen unter anderem am Schauspielhaus und im Von der Heydt-Museum zur Schwimmoper zurück, wo sie in den vergangenen sechs Jahren unbeachtet in einer Nische der Eingangshalle saß.

Sitzende geht auf Wanderschaft
Foto: Stadt Wuppertal, Carmen Klement

Anlässlich der großen Henry-Moore-Ausstellung zieht sie nun in den Skulpturenpark Waldfrieden von Tony Cragg um. Dort erhält sie möglicherweise sogar auf Dauer eine neue Heimat unter freiem Himmel.

Sitzende geht auf Wanderschaft
Foto: Stadt Wuppertal, Carmen Klement

Die Sitzende hat eine bewegte Vergangenheit und steht für ein skurriles Kapitel der Wuppertaler Kultur- und Stadtgeschichte. „Man hätte aus der Sitzenden besser 100 Bratpfannen machen sollen“, schrieb ein „Kunstkritiker“ im Dezember 1959. Andere hatten das Kunstwerk in dunkler Nacht geteert und gefedert.

Sitzende geht auf Wanderschaft
Foto: Stadt Wuppertal, Carmen Klement

Die Wuppertaler Stadtwerke, die damals im Besitz der Schwimmoper und der Sitzenden waren, schenkten sie dem Kunst- und Museumsverein, der sie nun eventuell als Dauerleihgabe in die Obhut des Skulpturenparks Waldfrieden geben wird. „Die Verhandlungen zwischen dem Kunst- und Museumsverein und dem Skulpturenpark darüber sind noch nicht abgeschlossen“, sagt Marion Meyer, Sprecherin des Von der Heydt-Museums.

„Die Sitzende wird auf einem Podest am Glaspavillon einen Platz für die kommenden Monate finden“, berichtet Ruth Eising, Sprecherin des Skulpturenparks. Das Kunstwerk wird vom 9. April bis zum 9. Oktober Teil einer Ausstellung sein, bei der Gipsskulpturen von Henry Moore ausgestellt sind, die in dieser Form außerhalb Großbritanniens noch nie zu sehen waren. Moore hat sie später selbst als eigenständige Werke betrachtet, obwohl sie ursprünglich als Vorstufe zur Herstellung von Bronzeskulpturen wie der Sitzenden gedacht waren. Moore hatte sich 1957 von der Architektur der Schwimmoper beeindruckt gezeigt und das Kunstwerk für 50 000 Mark an die Stadtwerke verkauft. Heute dürfte sie eine siebenstellige Summe wert sein, aus ideellen Gründen gilt sie als unverkäuflich.

Viele Wuppertaler konnten damals mit der kräftigen Gestalt nichts anfangen. Proteste gab es selbst noch Mitte der 1960er Jahre, als die Sitzende vor dem neu erbauten Schauspielhaus auf einem Podest Platz nahm. Die Rückkehr ans Schauspielhaus wird frühestens 2022 möglich, wenn der Umbau zum Pina-Bausch-Zentrum abgeschlossen sein soll.

Wegen eines Lochs im Rücken wanderte die Sitzende 1997 ins von der Heydt-Museum, wo sie im Foyer und im Depot weitere Jahre verbrachte — geschützt vor saurem Regen und Vandalismus.

„Sculpture is an art of open air“, zitiert Ruth Eising Henry Moore. Der Künstler wollte seine Skulpturen in der Landschaft und nicht in einem geschlossenen Raum sehen. „Es ist eine Außenskulptur, bei uns wird sie gepflegt und sie ist unter Kontrolle“, sagt Eising.

Die Sitzende setzt nach der Ausstellung im Skulpturenpark ab Oktober ihre Wanderschaft zunächst fort. „Sie wird dann an das Landesmuseum in Münster im Rahmen einer weiteren Henry-Moore-Ausstellung ausgeliehen“, sagt Stadtsprecherin Kathrin Petersen.

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