Schließen statt sanieren: Warum die Stadt dicht macht

Die Streichliste der Stadt ist nicht willkürlich zusammengestellt, die Auswirkungen ganz unterschiedlich.

Wuppertal. 216 Millionen Euro will die Stadt bis 2014 einsparen. Ein harter Konsolidierungskurs mit schmerzhaften Einschnitten hatten Oberbürgermeister Peter Jung und Kämmerer Johannes Slawig (beide CDU) am Dienstag angekündigt. Noch handelt es sich um ein Vorschlagspapier. Rund die Hälfte der Einzelposten muss noch vom Rat beschlossen werden. Viele Wuppertaler sind dennoch geschockt, reagieren verständnislos. Einige sehen aber auch positive Ansätze.

Erika Susdorf gehört zu jenen, die es kaum fassen können: "Geht Wuppertal jetzt ganz den Bach runter", fragt sie im Online-Forum der WZ und denkt an das Bad mit Kultcharakter" an der Mirke, das für so viele Wuppertaler Urlaubsersatz sei. Damit soll jetzt Schluss sein?

Das Freibad Mirke wird im Zuge der Haushaltskonsolidierung geschlossen - mit ihm vier weitere Bäder. Am Eckbusch und in Vohwinkel trifft es Bäder, deren Betrieb ohnehin nur durch Ehrenamtliche aufrecht erhalten wird. Entscheidend für die Aufgabe der Bäder ist aber deren immenser Investitionsstau. Allein an der Mirke müssten vier Millionen Euro in die Modernisierung gesteckt werden. Ähnlich sieht es bei den anderen zur Schließung anstehenden Bädern aus.

Man werde sich bemühen, Gebäude und Grundstücke zu veräußern, erklärte Kämmerer Slawig, gab sich zugleich aber wenig optimistisch. "Wenn das nicht gelingt, muss abgerissen werden." Darüber hinaus verweist Jung auf die Wiedereröffnung des 20-Millionen-Projekts Schwimmoper.

Auf den ersten Blick ja. Kürzungen von zehn Prozent sieht das Sparpaket im Jugend- und Sozialbereich vor. "Das klingt verträglich", meint Martin Hamburger, Direktor des Diakonischen Werkes. Die Kürzungen stellten aber für viele Projekte eine akute Bedrohung dar." Der Grund ist die Deckelung der Zuschüsse in den zurückliegenden Jahren. Das heißt, die Sozialinitiativen mussten anfallende Kostensteigerungen aus eigener Kraft auffangen und sind damit längst an der Belastungsgrenze angelangt. Hamburger, der auch das Aktionsbündnis "Wuppertal wehrt sich" unterstützt, kündigte bereits an, sich deutlich bei der Diskussion um das Sparpaket im Sinne der Sozialinitiativen einzumischen.

Den Kultursektor trifft es am härtesten. Vor allem die Komplett-Schließung des Schauspielhauses ab 2012 hat am Tag nach Offenlegung der Sparliste für viel Aufregung gesorgt. Der frühere Generalintendanten Gerd-Leo Kuck hält die Schließung für eine logische Konsequenz. Eine, die auch schon früher hätte gezogen werden können. Da aber gingen Pina Bausch und ihr Tanztheater vor. Die Choreografin bestand auf die Nutzung des Hauses. Kuck: "Durch das Ableben von Pina Bausch wird der Entscheidungsprozess erleichtert."

Fatal hielte Kuck ein Aus für das Sprechtheater. "Es ist die erfolgreichste und preiswerteste Sparte der Bühnen. Auch Bühnen-Geschäftsführer Enno Schaarwächter geht davon aus, dass es nach 2012 noch eine Schauspielabteilung neben Oper und Tanztheater geben wird. "Wir arbeiten jetzt an der Neuaufstellung des Theaters." Die wird nicht ohne Härten abgehen. Zwei Millionen weniger im Etat müssen aufgefangen werden - in einem Betrieb, der 85 Prozent seiner Ausgaben für Personalkosten veranschlagt.

"Das Orchester ist zu teuer", meint Kuck. 6,5 Millionen kostet es die Stadt. Eine Summe, die sich Wuppertal angesichts der dramatischen Haushaltslage nicht auf Dauer leisten können wird. Nahe läge ein gemeinsames Orchester für das bergische Städtedreieck. Die Abwicklung der beiden bestehenden nebst Neugründung würde allerdings mehr als ein Jahrzehnt in Anspruch nehmen. Für Slawig hängt dieser Schritt noch an den wechselnden politischen Mehrheiten in den Nachbarstädten.

Das Haushaltssicherungskonzept 2010 bis 2014 kann auf den Internetseiten der Stadt nachgelesen werden (Pdf-Datei).

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