Rückzug der Nahversorger: Bürger schlagen Alarm

Lebensmittel: Am Rott, in Beyenburg, aber auch rund um den Katernberg beobachten gerade ältere Wuppertaler die Engpässe mit wachsender Sorge.

Wuppertal. Herta Pfeiffer schätzt deutliche Worte. "S.O.S ruft der Stadtteil Rott", schreibt die 88-Jährige in einem Leserbrief an die WZ - und spricht damit einigen Wuppertaler weit über ihren Stadtteil hinaus aus der Seele. "Unsere kleinen Lebensmittelgeschäfte haben nach und nach geschlossen." Für viele alte und kranke Nachbarn sei das ein ernstes Problem. "Da kommt nicht mal jemand vorbei und fragt die Oma oder den Opa, ob er aus der Stadt mal Lebensmittel mitbringen sollte." Weiter heißt es: "Wir sind aufgeregt und besorgt - und hoffen, dass jemand diese Zeilen liest, der weiß, wie man uns helfen könnte."

Nachdem Mitte Januar "ihr" Supermarkt auf dem Rott seine Pforten schloss, hat Pfeiffer sich behelfen müssen. "Ich bezahle jetzt eine Bekannte dafür, dass sie für mich mit einkaufen geht", berichtet sie auf WZ-Nachfrage. "Das kann aber keine Dauerlösung sein. Die großen Supermärkte bauen sich leider zu weit entfernt von uns auf", fügt die Wuppertalerin, die seit 1961 auf dem Rott wohnt, hinzu. "Für junge Leute mit Auto ist das ja kein Problem. Aber wer denkt an uns?"

In eine ähnliche Richtung zielt eine Forderung der Wuppertaler Grünen. "Zukunftsfähigkeit des Einkaufszentrums Röttgen sichern", heißt es plakativ in einer vor kurzem veröffentlichen Mitteilung. Mit Sorge beobachte man die "hohen Leerstände der Ladenlokale" im Uellendahler Einkaufszentrum. Das sorgt für Probleme bei der Nahversorgung im Stadtteil und dürfe niemandem im Stadtteil egal sein. Vorgeschlagen wird neben einem Bürgerforum zum Thema allerdings auch, über alternative Nutzungen leerer Ladenlokale - etwa als Ausstellungsräume - nachzudenken.

In Erinnerung sind auch noch die Sorgen jener Wuppertaler, die nur ein paar Kilometer weiter westlich wohnen und nach Ladenschließungen im Bereich Nevigeser Straße wiederholt auf Versorgungs-Engpässe hingewiesen haben. Hier allerdings zeichnet sich eine erste Bewegung ab: Wie die Stadtverwaltung auf WZ-Nachfrage berichtet, ist die Lage im Bereich Uellendahl-Katernberg neben der im Stadtteil Beyenburg Gegenstand von Untersuchungen, bei denen es ums Thema Nahversorgung geht.

"Auch wir beobachten, dass sich große Anbieter aus der Fläche zurückziehen", berichtet Thomas Schulte vom Ressort Stadtentwicklung / Stadtplanung. Zum einen spiegele dies den Strukturwandel im Einzelhandel. Zum anderen spiele die Nahversorgung gerade mit Blick auf den demografischen Wandel eine zunehmende Rolle: Wie sich ältere und nicht mobile Bürger in Zukunft angemessen versorgen können, wird zu einer immer wichtigeren Frage.

Und die lasse sich nur in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten klären. Die Eigentümer von Ladenlokalen sind dabei ebenso gefragt wie zum Beispiel die Politik und auch die Wuppertaler Arbeitsgemeinschaft Einzelhandel.

Laut Schulte zeichne sich zwar ab, dass auch die großen Handelsketten mittlerweile wieder "Kleinflächenkonzepte" erörtern, "aber das steht noch am Anfang." In der strategischen Bewertung werden Uellendahl-Katernberg mit seinen 16000 bis 17000 Einwohnern bessere Perspektiven eingeräumt als Beyenburg mit knapp 5000 Einwohnern als "kritischem Bereich". Fest steht, dass für jedes betroffene Einzugsgebiet tragfähige Lösungen gefunden werden müssen - auch nach dem "S.O.S." vom Rott.

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