Rodelpartie: In Wuppertal geht’s abwärts

Bei zwanzig Zentimetern Neuschnee verwandelten sich die Höhen ins „Skigebiet Bergisch Land“. Ein Pistenbesuch in Barmen.

Wuppertal. Was für ein Morgen! Noch zwei Tage, bis die Schule wieder beginnt, und zwanzig Zentimeter Neuschnee. Da gibt’s nur eins: Rein in die Skihose und raus auf den Berg - mit dem Schlitten, versteht sich. Gegen elf Uhr bietet sich dem Betrachter auf den Barmer Höhen ein wunderbares Bild.

Der Toelleturm ist weiß beschneit, hier und da sind ein paar vermummte Spaziergänger mit Hunden unterwegs, ansonsten ist es menschenleer. Alles wirkt wie überzuckert mit feinstem Pulverschnee.

Ein paar Meter weiter beginnt die Strecke der alten Bergbahn, die zur Rodelstrecke in den Barmer Anlagen führt. Es ist noch früh und keine einzige Schlittenspur zu sehen. Nur ein Skifahrer(!) ist offenbar hier schon vorübergekommen.

Los geht’s. Noch ein wenig schwerfällig bewegt sich der alte Holzschlitten durch den hohen Schnee. Vielleicht ist der Schnee zum Schlittenfahren zu tief? Oder die Strecke zu flach?

Mitten in die Stille während all der Bemühungen, das gute Stück in Bewegung zu bringen, ertönt ein Ruf: "Achtung!" Mit hoher Geschwindigkeit rauscht ein Skifahrer die Bergbahntrasse hinunter. Das war knapp! Auf die Frage, wie oft er die Strecke heute schon gefahren sei, ruft er noch: "Drei Mal!" Dann ist er verschwunden.

Weiter unten an der Rodelstrecke ist schon mehr Betrieb. Valentin und Hendrik Gesell fachsimpeln mit Freund Nico Weinholtz: Für einen Holzschlitten sei der Schnee noch zu pulvrig. Beim Rodeln gilt, so Hendrik, die Devise:

"Plastik besser als Holz und Pappe besser als Pulver." Wenn die Strecke eingefahren sei, "ist sie super". Bis es so weit ist, müssen die Jungs aber noch ein paar Mal den Hang rauf und runter. Doch schon der winterliche Panoramablick über Barmen ist Belohnung genug.

Weiter unten, am Ende der Rodel-Strecke, zieht eine Langläuferin ihre Spur. Es ist Roswita Meier. Sie sei das so gewöhnt, schließlich komme sie aus Bayern: "Wenn es dort schneit, dann geht man vor die Haustüre und schnallt sich die Ski an." Allerdings sei das in Wuppertal nicht ganz so einfach, gibt sie zu. Bis zum Fischertal musste sie die Ski durch die Barmer Innenstadt schultern, "Da bekam ich schon ein paar belustigte Blicke zugeworfen."

Gegen ein Uhr mittags wird das Wintererlebnis an der Bergbahn vollkommen: Die Wolken reißen auf, der Schnee glitzert unter blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein.

Er erhellt auch winterliche Kuriositäten: einige Hunde im Winter-Anorak, zum Beispiel. Ein bisschen wie Alpen im Kleinformat. "Skigebiet Bergisch Land", sagt Roswita Meyer und macht sich weiter an den Aufstieg zum Scharpenacken.

Mit der Sonne ist auch der Letzte unternehmungslustig geworden, die Rodelstrecke füllt sich immer mehr. Sabine Leisen und Boris Kerben etwa sind eigens mit ihren Kindern aus Düsseldorf angereist - Leisen ist in Wuppertal geboren und kennt die Rodel-Strecke noch aus der eigenen Kindheit. Vater Kerben wiederum ist Holzschlitten-Fanatiker: "Alles andere ist neumodischer Quatsch." Er reibt seine Kufen immer mit einer Speckschwarte ein, dann läuft das Ding "wie geschmiert". Das sieht Lucca wiederum völlig anders. Der Junge kommt gerade mit seinem leuchtend roten Bob vorbei. "Der geht ab wie Schmitz’ Katze."

Nicht alle am Hang teilen diese Freude - etwa der fünfjährige Noah. Während seine Eltern eine Menge Spaß zu haben scheinen, steigt ihm die Zornesröte ins Gesicht.

Den Schlitten wieder den Berg hinauf schleppen? Laut heulend macht der Kleine seinem Unmut Luft. "Wir waren gerade in der Schweiz, und Lucca hat sich wohl an die Lifte gewöhnt", erklärt seine Mutter.

Außer ein paar kleinen Zusammenstößen zwischen Popo-Rutschern, Rennbob-Fahrern, Plastiktüten-Piloten und anderen Rodel-Typen ist der Nachmittag eine richtige Gaudi und geht ohne größere Verletzungen vorüber.

Übrigens: "Erlaubt ist, was gefällt", sagt Stadtsprecherin Katrin Petersen. Es gebe keine offiziellen Rodelstrecken in Wuppertal, die meisten sprächen sich einfach herum. Bei gefährlichen Stellen, wie etwa auf den Hardt-Wiesen, hat die Stadt Reisig ausgelegt. "Damit keiner die Treppe hinunter rast."

Dann kann ja nichts mehr schief gehen. Und weil uns dank der Minusgrade die weiße Pracht noch ein wenig erhalten bleibt und weil die Rodelbahnen nun eingefahren sind, steht einem vergnüglichen letzten Ferientag nichts mehr im Weg.

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