Wuppertal Remscheider Kulturdezernent: Wuppertal als Beispiel für „kulturellen Niedergang“

Der Remscheider Kulturdezernent sieht Wuppertal als Beispiel für „kulturellen Niedergang“. Matthias Nocke widerspricht energisch.

Wuppertal: Remscheider Kulturdezernent: Wuppertal als Beispiel für „kulturellen Niedergang“
Foto: Dirk Sengotta

Wuppertal. Der Remscheider Kulturdezernent Christian Henkelmann (CDU), zugleich Stadtdirektor, lässt den verbalen Vorschlaghammer niedersausen. „Ich habe das Gefühl, dass in den Kommunen zunehmend die Kulturberserker das Sagen haben, die die Axt anlegen an die kommunale kulturelle Vielfalt vor Ort“, sagt er dem „Remscheider General-Anzeiger“ in seiner heutigen Ausgabe. Wohin das führe, zeige Wuppertal. Diese Aussage ist insbesondere angesichts der Situation in Remscheid schon erstaunlich, danach kommt dann ganz starker Tobak.

„Pina Bausch ist tot“, führt Henkelmann aus. Nun kann der Tod der renommierten Choreographin sicher nicht der Stadt angelastet werden, ihr Tanztheater wird jedenfalls weiterhin weltweit bejubelt. Henkelmann weiter: Der gewachsene Opern- und Sprechtheaterbetrieb sei zerschlagen. Die Abgänge von Generalmusikdirektor Toshiyuki Kamioka und Theaterintendantin Susanne Abbrederis nennt er „fluchtartig“. Die Abwahl von OB Peter Jung gehört für ihn zu den „Symptomen eines kommunalen kulturellen Niedergangs, der auch mit der Überheblichkeit eines regionalen Oberzentrums nicht zu übertünchen ist“.

Mit diesen Attacken leitet der Remscheider Kulturdezernent einen neuerlichen Anlauf für eine Orchesterfusion der Bergischen Symphoniker mit dem Wuppertaler Sinfonieorchester ein. Denn den Remscheider und Solingern geht das Geld für ihr gemeinsames Bergisches Orchester aus. Der Remscheider Stadtrat hat gerade die Grundsteuer deutlich weniger gesenkt als angekündigt, um mit diesem Geld die Symphoniker vor der Insolvenz zu bewahren.

Wuppertals Kulturdezernent Matthias Nocke (CDU) kann die Äußerungen von Henkelmann in keinem Detail nachvollziehen: „Dass das Thema Orchesterfusion in zyklischen Abständen wie das Ungeheuer von Loch Ness aus der Wupper auftaucht, liegt auch daran, dass andere ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben.“ Seit Januar 2011, seit dem damaligen Actori-Gutachen, hätten es Remscheid, Solingen und Wuppertal schriftlich, dass eine Beteiligung von Remscheid und Solingen an einer Bergischen Theater GmbH sich nicht rechnet. „Das schließt ausdrücklich das Thema Orchesterfusionierung mit ein.“

Deswegen gebe es auch derzeit keine Verhandlungen über eine Fusion, allerdings tauschen sich die SPD-Oberbürgermeister der drei Städte über das Thema aus. Diese Gespräche verunsichern die Musiker nachhaltig. Aus dem Sinfonieorchester heißt es, man habe keine Informationen und sei sehr erstaunt — „zumal Oberbürgermeister Andreas Mucke uns vor zwei, drei Monaten etwas ganz anderes gesagt hat“.

Kulturberserker sieht Nocke in Wuppertal nicht am Werk: „Da mag jeder in seiner Stadt seine Erfahrungen haben. Wir haben zwischen Politik und Kultur mittlerweile ein ausgezeichnetes Verhältnis, das von gegenseitigem Respekt gekennzeichnet ist. Dass die Wuppertaler Bühnen und Orchester GmbH dieses Jahr mit einem Plus abschließt, zeugt überdies davon, dass wir unsere Hausaufgaben gemacht haben.“ Dass das Orchester heute im Schnitt 10 000 Zuhörer pro Jahr mehr hat als vor acht Jahren, zeige die hohe Identifikation der Bürger mit dem Klangkörper. „Gute Nachbarschaft heißt nicht, dass man sich fortlaufend und klaglos der Ansteckungsgefahr mit dem Bazillus des Niedergangs erwehren muss.“

Was Christian Henkelmann keinesfalls möchte: „die teuren Wuppertaler Musiktheater-Eigenproduktionen mitfinanzieren, die ja zudem mit kostspieligen Gast-Sängern und Gast-Dramaturgen entstehen“. Auf dem aktuellen Stand ist er damit nicht, schließlich hat die Oper (wieder) ein Ensemble, gibt es im Gegensatz zum Remscheider Bespiel-Theater Premieren und Uraufführungen. Matthias Nocke wundert sich: „Von der Seestadt auf dem Berge müsste man eigentlich einen guten Blick auf das Tal da unten haben.“

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