Refugee Voice TV gibt Flüchtlingen eine Stimme

Das Projekt von Delchad Heji ist für den Deutschen Integrationspreis nominiert. Der Syrer will mit seiner Arbeit Vorurteile abbauen.

Refugee Voice TV gibt Flüchtlingen eine Stimme
Foto: Stefan Fries

Elberfeld. Seine Premiere hat Delchad Heji immer noch in guter Erinnerung. „Als wir unser erstes Interview gemacht haben, wollte ich das eigentlich auf Englisch führen, weil ich gedacht habe, dass mein Deutsch nicht gut genug sei. Doch meine Gesprächspartnerin ermutigte mich, es trotzdem zu versuchen. Und am Ende hat es auch super funktioniert“, erinnert sich der 27-Jährige lächelnd. Es war der Anfang von Refugee Voice TV, einem Medienprojekt, das sich mit den Geschichten und kulturellen Hintergründen geflüchteter Menschen auseinandersetzt und darüber berichtet.

„Wir möchten Vorurteile abbauen, das ist das Wichtigste“, erläutert Heji. Er ist überzeugt davon, je mehr die Leute über die verschiedenen Kulturen erfahren, desto einfach ist das Verständnis füreinander. Es sind Geschichten, die auch Heji aus eigener Erfahrung erzählen könnte. Schließlich flüchtete der Syrer selbst vor drei Jahren aus dem Nordirak nach Deutschland. „Ich habe damals als Nachrichtensprecher für einen Sportsender gearbeitet“, erzählt Heji. „Alles war gut, allerdings hat 2014 der IS viele Regionen im Irak eingenommen.“ Auch sein damaliger Wohnort drohte, von der Terrormiliz eingenommen zu werden. Die unsichere Situation zwang den jungen Mann schließlich, seine Wahlheimat zu verlassen. Sein Ziel: Europa.

„Ich wollte unbedingt weiter im Medienbereich arbeiten“, so Heji, der in Syriens Hauptstadt Damaskus drei Jahre lang Medienwissenschaften studierte. 2015 endete seine Flucht in Wuppertal — und schon damals hatte er eine konkrete Idee im Gepäck. „Mir ist aufgefallen, dass viele Medien relativ einseitig über das Flüchtlingsthema berichtet haben. Ich finde aber, dass es wichtig ist, dass man auch die andere Seite, und zwar die persönliche, zeigt. Also habe ich mir gedacht, warum starte ich nicht ein eigenes Projekt“, erzählt er.

Über Facebook suchte er nach Kameramännern, die ihn bei seinem Projekt unterstützen wollen. Nach und nach lernte er schließlich die Flüchtlinge Hozan Enez, Mohammad Qargole und Imad Altair kennen, mit denen er Refugee Voice TV ins Leben rief. Nebenbei hielt er Ausschau nach weiteren Unterstützern und lernte unter anderem Sonja Noderer vom Haus der Integration kennen. „Sie wollte mich gerne unterstützen und sagte, dass wir uns im Haus der Integration Equipment wie Kameras ausleihen können.“

Der Anfang war gemacht, allerdings merkte das Team, dass es irgendwann an Grenzen stieß — vor allem an logistische. „Wir müssen die Leihe des Equipments immer vorab anmelden und nebenbei Interviewtermine koordinieren, das ist nicht immer einfach“, erläutert Heji. Schnell kam der Wunsch nach eigener Ausstattung auf.

Das Problem: So etwas kann mehrere tausend Euro kosten. Wie sollten sie das finanzieren? Heji erfuhr über einen Freund, dass es im Internet sogenannte Crowdfunding-Plattformen gibt, auf denen Privatleute Geld für Projekte zur Verfügung stellen. Dort stieß er auch auf die Plattform „Startnext“, bei der er sich mit Refugee Voice TV bewarb und auch genommen wurde.

Das Besondere: Die Plattform kooperiert mit dem Deutschen Integrationspreis, für den auch Hejis Projekt sowie 31 weitere nominiert wurden. „Wir würden den Preis wirklich gerne gewinnen, aber die Konkurrenz ist groß und es gibt viele tolle Projekte“, sagt Heji. Denn um zu gewinnen, muss man über Startnext die meisten Unterstützer für sein Projekt begeistern können. Bis Sonntag waren es für Refugee Voice TV immerhin 121 Unterstützer, was Rang 28 im Klassement bedeutet.

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