Razzia in Nachhilfeschulen: Betreiber festgenommen

Drei Institute sollen beim Jobcenter Unterrichtsstunden abgerechnet haben, die sie nicht gegeben haben.

Wuppertal. Frühen Besuch hatten am Donnerstag drei Nachhilfeschulen in der Stadt: Polizei, Staatsanwaltschaft und das Jobcenter führten eine Razzia wegen mutmaßlichen Betrugs bei Nachhilfestunden für Familien durch, die die Förderung vom Jobcenter bezahlt bekommen. Die drei Betreiber wurden verhaftet.

Ab 6 Uhr morgens waren die Ermittler unterwegs, allein die Polizei setzte rund 50 Polizisten ein. Durchsucht wurden nicht nur die Geschäftsräume der Nachhilfeschulen, sondern auch Wohnungen, insgesamt zwölf Objekte in Wuppertal, Solingen und Odenthal (Rheinisch-Bergischer Kreis). Zehn bis zwölf Umzugskisten mit Material nahmen die Ermittler mit.

Sie hatten auch drei Haftbefehle gegen die drei mutmaßlichen Haupttäter dabei, die 23, 23, 26 Jahre alt sind, und vollstreckten sie. Die Männer stehen im Verdacht, in der Zeit von Ende 2014 bis Juli 2016 Fördergelder für Nachhilfe „betrügerisch vereinnahmt“ zu haben, so die offizielle Pressemitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft.

Die Männer sollen in mindestens 19 Fällen Nachhilfestunden gegenüber dem Jobcenter Wuppertal abgerechnet haben, die tatsächlich nicht erbracht wurden. Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen haben sie auf diese Weise insgesamt mehr als 22 000 Euro eingenommen.

Die „Ermittlungskommission Schule“ hat seit vergangenem September ermittelt. Das Verfahren wird bei der Staatsanwaltschaft Wuppertal in dem neu gegründeten Dezernat für besonders aufwendige Verfahren (Umfangsverfahren) geführt. Eng eingebunden ist außerdem das Jobcenter.

Die drei Inhaber wurden an ihren Wohnanschriften festgenommen. Der Haftbefehl ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft mit Fluchtgefahr begründet. Die weiteren Ermittlungen richten sich gegen zwei weitere Wuppertaler (20 und 21 Jahre) und eine Frau aus Odenthal (55 Jahre). Sie dauern noch an. Die drei Personen stehen im Verdacht, an den mutmaßlichen Betrugstaten beteiligt gewesen zu sein.

Inwieweit die Nachhilfeschüler und ihre Eltern an den Betrugstaten beteiligt waren, müssen die Ermittler jetzt prüfen. Nachhilfeschulen an anderen Orten sind derzeit nicht einbezogen: Die Ermittlungen aktuell in diesem Verfahren bezögen sich nur auf Wuppertal, heißt es bei der Staatsanwaltschaft.

Hintergrund ist das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) des Bundes zur Förderung von Kindern in Familien mit geringem Einkommen. Mit diesem Paket können solchen Kindern ein Schulmittagessen, Klassenfahrten und auch Nachhilfestunden finanziert werden.

Thomas Lenz, Chef des Wuppertaler Jobcenters, erklärt, dass die Lehrer auf Vordrucken den Kindern einen Bedarf bestätigen müssen. „Mit dieser Bescheinigung kommen die Eltern zu uns und wir haben die Verpflichtung, die Nachhilfe zu bewilligen.“ Möglich sind jeweils bis zu 35 Nachhilfestunden für bis zu drei Fächer im Halbjahr. Damit gehen die Schüler zu Nachhilfe-Anbietern, die dann mit dem Jobcenter abrechnen. Ob ein Student, eine pensionierte Lehrerin oder ein Nachhilfe-Institut den Unterricht erteilt, können die Familien selbst entscheiden.

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