Prozession in Beyenburg - "Die Sommerfrische vom lieben Gott"

Beyenburg. Hendrik Wirths war am Himmelfahrtstag in aller Frühe mit dem Skateboard vom Sondern zur katholischen Kirche St. Maria Magdaelna gerollt. Ziel: der Glockenturm der Kirche aus dem 15. Jahrhundert.

„Null Grad war es, als ich durch Beyenburg fuhr. Doch im Glockenturm schien um 6 Uhr dann schon die Sonne hinein“, erzählt der Beyenbuger. Gemeinsam hat er mit Matthias Wasserfuhr, Thomas Schwientek, Jens Schlösser und Patrick Stein beim „Beiern“ abgelöst. Beim Beiern, seit Jahrhunderten Tradition auch im Rheinland, hängt die Glocke still, mit einem Klöppel werden die Glocken per Hand geschlagen. Das geschieht nur zweimal im Jahr. Zur Erstkommunion und zur Himmelfahrt, dem Kirchweihfest der Gemeinde.

Die Sakramentenprozession der vielen hundert Gläubigen hat uralte Tradition. Urkundlich erwähnt wurde sie 1447. Bis auf Unterbrechungen in Kriegszeiten hat die Prozession hinauf auf die Höhen von Beyenburg immer stattgefunden. Beyenburger Vereine und Gruppierungen ziehen selbstverständlich mit: Schützenbruderschaft, Kolpingsfamilie, Verband Katholischer Frauen, die Chöre, Kommunionkinder und die Kindergartenkinder, die Geistlichen mit der Monstranz unter dem Himmel bilden den Mittelpunkt der Prozession.

Um 9 Uhr beginnt das Hochamt, eine gute Stunde später zieht die Prozession bei strahlender Sonne betend und singend, begleitet durch das Oberbarmer Blasorchester und den evangelischen Posaunenchor, durch den Ort. „Richtiges Himmelfahrtswetter“, sagt eine alte Dame aus Beyenburg, die kaum eine Prozession versäumt hat. „Geht nicht so schnell“ oder „rückt mal auf“, so die freundlichen Kommandos die die vielen Ordner per Handy unauffällig an ihre Kollegen weitergeben, damit die Prozession ein geschlossenes Bild bleibt.

Hendrik ist vom Glockenturm abgestiegen. Das war’s für ihn aber noch nicht. Jetzt trägt er eine Lourdesfahne, die Maria zeigt, wie sie in der Grotte dem Bauernmädchen Bernadette erschienen sein soll. „Die ist ganz schön schwer“, sagt Hendrik. Marijn, Juliana Liane, Lisa, Luisa, Caroline und Lena haben es auch schwer. Abwechselnd tragen immer vier den Schrein der heiligen Odilia, die Patronin des Kreuzherrenordens. 1298 ist der Orden in Beyenburg angesiedelt worden. Im Schrein sollen sich Reliquien der heiligen Odilia, eine Gefährtin der heiligen Ursula von Köln, befinden. „15 bis 20 Kilo ist der Schrein sicher schwer“, tippen die Mädchen. Aber je steiler es die Straße Siegelberg hinaus geht, so wird auch der Schrein samt Holztragegerät zunehmend schwerer.

Bettina Bezdan, Praktikantin im katholischen Kindergarten, nimmt Julia (2) und Leonie (3) fest an der Hand. Die beiden Mädchen in ihren weißen Kleidern, Kränzchen und Blumenkörbchen trippeln noch munter in der großen Kindergruppe mit. Am Kreuz an der Steinhauser Straße wird Station gemacht. Gebete, Fürbitten, Lieder wechseln sich ab. Pastor Benedikt Schmetz dankt vor allem den Jugendlichen, die sich Gedanken zum Thema „Auf Gottes Spuren unterwegs“ gemacht haben. Die Jugendlichen mahnen, nicht immer nur an sich zu denken: „Glücklich macht, anderen zu schenken.“

Die zweite Station, der Steinhauser Friedhof, ist liebevoll mit Blüten, Tannenzweigen und buntem Sägemehl mit christlichen Motiven geschmückt. Die Schützen schießen Salut. Jona (5) hält sich die Ohren zu. Am Kriegermal wundert sich der Busfahrer der Linie 669. „Was ist denn hier los?“, fragt er und steuert den Bus weit an den Straßenrand. Auch andere Touristen, mehr oder weniger zufällig in Beyenburg, kommen aus dem Staunen nicht heraus. „So ein festliches Bild“, meint eine Frau aus der Schweiz. Vom Glockenturm wird wieder gebeiert.

Das Ende der Prozession zeichnet sich nach gut anderthalb Stunden ab. Nach der letzten Station am Kreuz in der Freiheit ziehen die Gläubigen in die Kirche ein. Pastor Schmetz dankt zuvor allen, die den Prozessionsweg, die Häuser und die Kreuze so liebevoll geschmückt haben. „Beyenburg ist die Sommerfrische vom lieben Gott“, Pastor Schmetz bleibt bei seiner These.

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