Prozess um Bluttat im Wohnheim hat begonnen

Psychisch kranker 42-Jähriger tötet drei Mitbewohner. Weil er sich dessen schämt, will er nicht öffentlich aussagen.

Er duckt sich, die Wollmütze ist tief ins Gesicht gezogen, sein Gesicht versteckt er hinter einer roten Aktenmappe, sein Anwalt schirmt ihn vor den Kameras im Gerichtssaal ab. Der 42-Jährige muss sich wegen dreifachen Totschlags vor dem Landgericht verantworten — der Tötung von drei seiner Mitbewohner in der sozialpsychiatrischen Einrichtung in der Straßburger Straße. Das belastet den psychisch kranken Mann offensichtlich sehr.

Es war eine erschreckende Bluttat, die am Abend des 24. Mai 2017 passierte. Laut Staatsanwaltschaft bewegte sich der 42-Jährige gegen 21.30 Uhr mit mehreren Messern bewaffnet durch das Haus der Bergischen Diakonie Aprath, in dem 24 weitere Menschen lebten. Er soll zuerst auf der dritten Etage einen Mitbewohner mit zahlreichen Messerstichen getötet haben, dann in der ersten Etage einen weiteren Bewohner und schließlich noch einen Bewohner im Erdgeschoss. Der Anblick der Toten, die zuvor schwer verletzt wurden, soll nach WZ-Informationen schockierend gewesen sein.

Die Polizei, die durch mehrere Notrufe alarmiert worden war, ging zunächst von zwei Tätern aus und rückte mit einem Sondereinsatzkommando an, ein Hubschrauber kreiste über dem Viertel. Den 42-Jährigen fand man in dessen eigener Wohnung in der Einrichtung.

Der Mann war bereits einmal wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe und Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik verurteilt worden, was zum Teil zur Bewährung ausgesetzt wurde. Daraufhin war er in das Wohnheim für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen gezogen. Die überlebenden Bewohner wurden in der Nacht gemeinsam an anderer Stelle untergebracht, konnten dann gemeinsam in einer städtischen provisorischen Unterkunft bleiben. In der Folgezeit wurden sie und die Mitarbeiter von Seelsorgern und Psychologen betreut.

Nach langen Überlegungen wurde beschlossen, wieder in das Haus an der Straßburger Straße zurückzukehren. Nachdem das renoviert und umgebaut worden war, zogen die Bewohner Ende 2017 wieder ein.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 42-Jährige zum Zeitpunkt der Tat schuldunfähig war. Er leidet an einer chronifizierten paranoiden Psychose. Weil von ihm weitere Taten zu erwarten sind, er damit eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, wird am Ende des Prozesses voraussichtlich keine Haftstrafe stehen, sondern seine dauerhafte Unterbringung in einer geschlossenen Psychiatrie.

Dass dem 42-Jährigen inzwischen die Ungeheuerlichkeit seiner Tat bewusst ist, wurde gestern zum Prozessstart deutlich. Sein Verteidiger beantragte in seinem Namen, die Öffentlichkeit von der Verhandlung auszuschließen: Sein Mandant sei bereit, umfassend auszusagen, soweit er das könne. Aber: „Er sieht sich außer Stande, vor Publikum auszusagen“, so der Anwalt. Er empfinde so viel Scham vor allem vor den Angehörigen der Opfer.

Das Gericht folgte dem Antrag. Bleiben durfte nur ein Therapeut des 42-Jährigen. Geplant sind insgesamt sechs Verhandlungstage. Das Urteil, das öffentlich verkündet wird, könnte am 7. März fallen.

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