„Problemimmobilien muss man offensiver vermarkten“

Die 105 Problem- und Schrottimmobilien werten Quartiere ab und verursachen Leerstände.

„Problemimmobilien muss man offensiver vermarkten“
Foto: Anna Schwartz

Wuppertal. Es gibt keine zweite Chance für einen ersten Eindruck. Diese Erkenntnis hat auch die Stadt Wuppertal gehabt und arbeitet seit einigen Jahren verstärkt daran, zentrale Punkte oder Straßen attraktiv zu gestalten. Moderne oder gut sanierte Immobilien spielen beim ersten Eindruck eine wichtige Rolle.

Doch nicht nur in den Innenstädten, sondern auch in den Außenbezirken sind die Häuser ein wichtiger Standortfaktor. Viele Leerstände oder heruntergekommene Gebäude schrecken Besucher und potenzielle Bewohner gleichermaßen ab. Eine Negativspirale beginnt, die darin gipfeln kann, dass günstiger Wohnraum knapp wird.

Private Problem- oder gar Schrottimmobilien, von denen es übers Stadtgebiet verteilt 105 gibt, bringen ganze Quartiere in Verruf — insbesondere, wenn die Gebäude gut sichtbar an einer Durchgangsstraße stehen. Genau mit dieser Schwierigkeit hat aktuell der Arrenberg zu kämpfen, der sich inzwischen zu einem aufstrebenden und beliebten Wohngebiet entwickelt hat. Doch einzelne Schrottimmobilien, wie an der Simonsstraße 45, machen den Gesamteindruck kaputt, findet Investor Stephan Frischemeier. „Das ist so, als wenn Sie sich Ihr Gebiss erneuern lassen, aber einen faulen Zahn stehen lassen.“

„Solche Immobilien sorgen für einen Wertverlust der Nachbarhäuser“, weiß Peter Schäfer, bei der Stadt der zuständige Sachbearbeiter für problematische Privat-Immobilien. Im Januar 2015 hat er seine Tätigkeit aufgenommen. Seither hat sich die Zahl der bekannten Fälle um rund 50 verringert. Schrottimmobilien: Wertverlust der Nachbargebäude

Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Mehrfamilienhäuser. „Die Stadt hat aber nur vier abgerissen. Bei den übrigen sind die Eigentümer selbst aktiv geworden.“ Das sei auch gewünscht. Denn bis zu 300 000 Euro kann es die Stadt kosten, ein solches Objekt abreißen zu lassen.

Einen erheblichen finanziellen und personellen Aufwand hinsichtlich Schrottimmobilien attestiert Guido Spars Kommunen wie Wuppertal. Er ist Professor am Lehrstuhl für Baubetrieb und Bauwirtschaft an der Bergischen Universität und hat sich solche Gebäude unter wissenschaftlichen Aspekten angeschaut: „Fehlende Anreize zu Investitionen in Wohn- und Gewerbeimmobilien führen zu Vernachlässigung und Verfall der Gebäudesubstanz.“ Schrottimmobilien seien die Folge.

Als Beispiel für diese fehlenden Anreize nennt er Leerstände aufgrund von Nachfrage-rückgängen und Rückgang der Miet- und Kaufpreise. Er sieht eine Negativspirale, die dazu führen könnte, dass 2030 in Wuppertal elf Prozent der heute bewohnten Wohnungen leerstehen.

Schon jetzt, so haben die Statistiker der Stadt ermittelt, gibt es etwa 12 000 leerstehende Wohnungen — die meisten davon entlang der Talachse und damit gut sichtbar. Rund 186 000 Wohnungen sind in Wuppertal bewohnt oder bewohnbar. Elf Prozent wären 20460. Bei mehr als 32 000 Leerständen würde der günstige Wohnraum knapp. Aktuell wird im Bereich sozialer Wohnungsbau die Auswahl eng.

Hoffnung, dass Wuppertal aufgrund der Wohnungsknappheit in Städten wie Köln und Düsseldorf auch einige Schrottimmobilien los werden könnte, hat Professor Manfred Helmus, der sich an der Universität mit Immobilienwirtschaft beschäftigt. „Investoren suchen händeringend nach Anlagemöglichkeiten. Da es kaum noch Grundstücke gibt, weichen sie immer mehr in 1B-Lagen und auch in umliegende Städte aus.“ Mehr Marketing seitens der Stadt fände Manfred Helmus sinnvoll. „Die Problemimmobilien muss man offensiver vermarkten.“

„Wir dürfen nicht makeln“, meint dazu Baudezernent Frank Meyer. Dennoch würde seitens der Stadt versucht, Kontakte zwischen den Eigentümern von Problemimmobilien und möglichen Käufern herzustellen. Denn fürs Stadtbild seien diese Gebäude kein Aushängeschild.

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