Premieren-Gebrüll: Harter Kampf ums Theater

Die Bühnen haben bisher rund 5000 Unterschriften gesammelt. Ihr jüngstes Stück ist derweil umstritten.

Wuppertal. Ein provokanter Ruf, betretenes Schweigen, kräftiger Applaus: Die Premiere der neuesten Bühnen-Produktion ("Ich Tasche") endete am Samstag in deutlichen Gefühlsäußerungen. Gerade erst hatten die Schauspieler die letzte Silbe gesprochen, da ergriff eine Zuschauerin vehement das Wort: "Also dafür braucht Wuppertal wirklich kein Schauspielhaus!"

Der Satz fiel genau in dem Moment, in dem das Publikum eigentlich Atem holt und anfängt zu applaudieren. Das tat es dann auch - vielleicht sogar heftiger, als es ohne den Zwischenruf der Fall gewesen wäre. Miriam Klahre etwa klatschte begeistert: "Ein gutes Stück - eines, über das man nachdenken muss."

Doch nicht alle zeigten sich derart beeindruckt. Das Spiel über die tägliche An- und Abstoßung in einem ICE ließ bei manchen die Gesichtszüge entgleisen. "So ein moderner Quatsch!", meinte eine empörte Zuschauerin, die ihren Namen nicht nennen wollte und nach der Premiere zügig zur Garderobe eilte - vorbei an Schauspiel-Chef Christian von Treskow, der mit solchen Reaktionen "nicht gerechnet" hatte und sie sich durch die mitunter drastische Wortwahl von Autorin Felicia Zeller erklärt. "Es sind dem Leben abgelauschte, fast dokumentarische Texte. So reden Menschen heute."

Auf der in ICE-Farben gehaltenen Bühne spielt sich seit Samstagabend also der ganz alltägliche Wahnsinn ab. Dabei wird die neue Spielstätte, deren Zukunft durch das Spardiktat bedroht ist und geschlossen werden soll, seit der Eröffnung im September gut angenommen - "wie erwartet", wie Christian von Treskow zufrieden betont.

"Eine Billion Dollar" ist, gemessen an den Zuschauerzahlen, die erfolgsreichste Inszenierung, die derzeit an der Kluse zu sehen ist: "Sie ist immer ausverkauft. An den Feiertagen mussten wir etliche Leute sogar nach Hause schicken." Deshalb werde die Uraufführungs-Produktion "so oft wie möglich präsentiert". Gleichzeitig soll aber darauf geachtet werden, "das Stück nicht tot zu spielen. Es muss wohl dosiert sein."

Neben "Überraschungs-Erfolgen" wie dem Else-Lasker-Schüler-Programm, das Alexander von Hugo zusammen mit Julia und Willfried Penner servierte, gab es in den vergangenen Wochen auch einen "Ausreißer nach unten": "Jona", die Inszenierung mit jungen Schauspielschul-Absolventen musste "um Publikum kämpfen", wie Christian von Treskow zugibt.

Und wie geht es weiter? Aus Sicht des Theater-Chefs zunächst einmal auf jeden Fall mit der Unterschriften-Aktion, mit der die Bühnen gegen die drohenden Sparmaßnahmen protestieren. Geschätzte 5000Namen stünden bisher auf den Listen, die vor, während und nach den Aufführungen im Opern- und Schauspielhaus ausliegen.

Noch im Januar soll es einen Aktionstag geben - zusammen mit anderen Institutionen und Vereinen, die vom Spardiktat betroffen sind. "Außerdem rufen wir gerade einen dauerhaften Gesprächskreis ins Leben", sagt der Intendant, der sich mit Kollegen aus der freien Szene zusammenschließt. "Wir wollen ein Netzwerk auf die Beine stellen und deutlich machen, dass Wuppertal im Gegensatz zu vielen anderen Städten eine lebendige Kulturszene hat", betont der Intendant. "Wuppertal kann nicht mit viel punkten - aber mit Kultur."

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