ANZEIGE WZ-Krimi 2018 Folge 8 - Kommissar Brinker: Das Phantom der B7

Zuerst hat er alle Wuppertaler Ampeln auf Rot gestellt, jetzt hat der verrückte Professor Bronsius die halbe A46 mit Tempo-30-Schildern gepflastert. Kommissar Moritz Brinker tappt derweil im Dunkeln, was es mit diesen Taten auf sich hat. Und WZ-Reporterin Tina Tonino? Sie ist dem Täter vielleicht auf der Spur ... Der Zeitungskrimi geht weiter — fiebern Sie mit und gewinnen Sie Karten für die Lesung im Juni!

Kurz vor den City-Arkaden

Bronsius starrt nur nach vorne. Die beiden unruhigen Frauen neben ihm — nicht vorhanden. Nicht in seiner Wahrnehmung. Er kann nur an eines denken: Nicht in die Fassade. Nicht in die Fassade. Nicht in die ...
„Ziehen Sie das Ding hoch! Oder runter! Nur nicht — dagegen!“, schreit Tina Tonino. Sie denkt genau dasselbe.
„Oh bitte, bitte, bitte“, fleht Barbara Bott.
Die Fassade der City-Arkaden kommt immer näher.
Bronsius schließt für einen Moment die Augen. Dann eben der Booster. Er hat einen Tempobooster in den Bronsikopter eingebaut, den er noch nie getestet hat. Jetzt muss er. Er drückt den Knopf, zieht gleichzeitig den Schubhebel — und macht einen Satz. Nach oben. Wieder ein Kreischen. Wieder Panik neben ihm. Aber sie sind jetzt hoch genug. Bronsius sieht die Parkplätze auf dem oberen Parkdeck, er bremst ab und setzt zur Landung an. Unsanft kommt der Bronsikopter zum Stehen, Barbara Bott stößt mit dem Kopf gegen die nicht gerade weich verkleidete Decke.
Tina Tonino seufzt tief. „So, Sie Genie. Und jetzt?“
Bronsius schaltet sein Fluggerät ab, starrt aus dem Fenster und schweigt.

Im Auto von Moritz Brinker
Moritz Brinker schweigt nicht. Er schreit die Freisprechanlage an, während er die Cronenberger Straße hinunter ins Tal fährt. „Muss sich dieser verdammte Radfahrer da ein Auto vor mir auf die Motorhaube legen. Jetzt hat der Typ in seinem Flugding zuerst Tina Tonino mitgenommen und Ihr Stalkingopfer gleich mit. Frau Berger, hören Sie mich? Mehrere Anwohner der Friedenstraße haben gesehen, wie sie bei ihm eingestiegen ist. Andere wollen gesehen haben, dass er sie reingezerrt hat. Sie wissen ja, wie die Leute sind. Fakt ist: Unser Mann hat offenkundig zwei Frauen in seiner Gewalt und ist mit ihnen nach Elberfeld geflogen. Und bei Ihnen?“
„Die Kollegen durchsuchen bereits das gesamte Haus und das von Barbara Bott. Bei Frau Bott überhaupt nichts Auffallendes, außer, dass neben der Haustür auch die Balkontür sperrangelweit offensteht. Jedenfalls haben wir auf Bronsius‘ Notebook klare Hinweise dafür gefunden, dass er für das Verkehrschaos verantwortlich ist. Und als Bildschirmschoner hat er ein Bild von Frau Bott. Das sagt alles, oder?“
„Oh, verdammt. Sekunde, da ruft der Inhaber des Schlafraum an. Vielleicht hat der ja wieder was für uns. Ich melde mich.“ Er legt auf und nimmt gleich wieder ab. „Ja, Herr Steinbrink.“
„Sie werden es nicht glauben, aber ... hier ist gerade ein blaues UFO über unser Dach geflogen und das ist, wenn ich es richtig sehe, auf dem Parkdeck der City-Arkaden gelandet. Eigentlich müsste ich ja schon längst zu Hause sein, aber ... Sie wissen ja, als Selbstständiger ... wie dem auch sei, meinen Sie, das ist er? Bert? Also, der Bronsius?“
„Ich fürchte ja. Machen Sie Feierabend, Herr Steinbrink.“
„Nee, ich glaube, das möchte ich jetzt doch noch mitbekommen hier.“
Brinker legt auf und startet den nächsten Anruf. „Brinker hier. Alle Einheiten inklusive Hubschrauber ins Zentrum. Einsatz auf dem Parkdeck der City-Arkaden. Vermutlich eine
Entführung. Ich brauche ein Verhandlungsteam und Spezialisten. Und sperren Sie rund um die Alte Freiheit alles ab.“
Er gibt Gas. Gut, dass der Toyota C-HR so einen starken Antritt hat. Wenn diese Nummer hier vorbei ist, wird er dem Autohaus Lackmann den Wagen abkaufen, so viel steht mal fest.

Auf dem Parkdeck der City-Arkaden
Bert Bronsius baut sich neben seinem Bronsikopter auf und starrt Tina Tonino, die ebenfalls ausgestiegen ist, mit seinem schrecklich irritierenden Silberblick an.
„Ich kann Ihnen sagen, was wir jetzt machen, Frau Tonino. Sie erzählen meine Geschichte. Live. Im Internet. Die Facebookseite der WZ hat doch über 20.000 Fans. Das ist einiges. Das Video wird sich verbreiten wie die Feuerwehr, das sage ich Ihnen. Und danach fangen Sie gleich an zu schreiben. Von mir aus über Ihr Handy. Ganz Wuppertal wird dann endlich ...“
Tina schüttelt nur den Kopf, ihr Herz klopft immer noch spürbar, sie möchte wegrennen, einfach quer über das Parkdeck, aber irgendwas hält sie davon ab. Wer weiß, was Bronsius noch in seinem Bronsikopter versteckt hat. Barbara Bott steht schweigend neben ihr, zuckt kurz die Schultern und nickt dann zaghaft, als wolle sie sagen: Ja, machen Sie das doch einfach.
Auch sie hat kurz überlegt, ob sie gehen soll, auf und davon, aber letztlich hat dieser Mensch sie ja gerettet, oder? Gerettet vor ... einem Mann in Schwarz, an den sie lieber nicht weiter denken möchte. Aber sie muss.
Tina Tonino zückt ihr Handy, loggt sich so, dass Bronsius es sehen kann, ins Facebook-Profil der WZ Wuppertal ein und startet das Live-Video. Sie weiß: Gerade jetzt ist halb Wuppertal online. Und Bronsius legt los:
„Wuppertal, schau her! Hör zu! Du bist eine tolle Stadt. Du hast viel zu bieten. Aber dein Verkehr ist eine Katastrophe. Und das hier ist die Lösung ...“
Er tritt zur Seite, sodass der blaue Bronsikopter das ganze Bild füllt. „Die Zukunft liegt in der Luft. Und ich werde diese Zukunft prägen. Es wird Zeit für eine Veränderung. Zeit für eine ganz neue Art der Fortbewegung. Ja, ich war es, der die Ampeln manipuliert hat. Ich war es, der für den großen Stau auf der A 46 gesorgt hat. Es war wichtig, ein Zeichen zu setzen. Ich bedaure, wenn Menschen zu Schaden gekommen sind. Aber oft geschehen Veränderungen erst durch Schmerz. Durch die absolute Notwendigkeit. Es hätte soweit nicht kommen müssen. Ich habe vielen Menschen von meiner Idee erzählt. Niemand wollte sie hören. Niemand wollte darüber schreiben. Nicht einmal die Reporterin, die heute Abend bei mir war. Deshalb ... musste ich ein bisschen nachhelfen. Ich erwarte ... nein, ich verlange ..., dass man mich erhört. Dass man meiner Erfindung eine Chance gibt ... dass man ...“

Auf dem Parkdeck der City-Arkaden
Als Moritz Brinker die Auffahrt der City-Arkaden hochbrettert, hat er keine Gelegenheit, das Video zu sehen. Er hat nur Tina Tonino und Barbara Bott vor Augen. Ihre Angst. Ihre Not. Er rast so schnell durch die engen Kurven, dass ihm selbst schwindelig wird. Hinter ihm folgen zwei weitere Einsatzwagen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kommt er endlich oben an.
Steigt aus. Und sieht im einsetzenden Dunkel des Abends einen Mann und zwei Frauen vor dem blauen Flugobjekt stehen. Was hat der Typ vor?
Die beiden Streifenwagen stoppen hinter ihm, Brinker geht auf die Polizisten zu und besorgt sich ein Megafon.
Er geht damit ein Stück auf Bronsius zu, sodass dieser ihn sehen kann. Und spricht:
„Hier ist die Polizei. Das gesamte Gebäude ist umstellt und die Straße unten abgesperrt. Man hat Sie im Visier, Herr Bronsius. Geben Sie auf und lassen Sie die Frauen frei.“
Bert Bronsius erstarrt, mitten im nächsten Satz. Tina Tonino beobachtet, wie seine Unterlippe bebt. Wie sich sein Gesicht verzieht. Sie wirft einen Seitenblick zu Barbara Bott, die nur schluckt. Das kann nicht wahr sein. Was hat Moritz denn für ein Timing? Klar, denkt sie. Er hat es eh nicht mit Facebook und hat dieses Video wohl kaum gesehen. Er denkt sicher nur: Da hat einer zwei Frauen in seiner Gewalt.
Sie dreht sich langsam um und hebt beschwichtigend die Hände, um ihn irgendwie zu beruhigen. Zu bremsen. Ein Fehler.
Brinker senkt das Megafon und dreht sich zu einem der Polizisten. „Verdammt, sie hebt die Hände. Vielleicht hat der Kerl eine Waffe. Ich kann das im Halbdunkel so schlecht sehen. Wir brauchen Licht.“ Dann, zu Bronsius: „Ich warne Sie noch einmal, Herr Bronsius. Sie haben keine Chance. Geben Sie auf. Lassen Sie die Frauen frei. Lassen Sie uns reden.“
Bronsius greift sich Tinas Handy, das nach wie vor auf Aufnahmemodus steht, und spricht nun selbst hinein. „Seht ihr das, Wuppertal? Wieder will mich jemand aufhalten. Verhindern, dass ich nur einmal Gehör finde. So wie immer! Aber jetzt ist Feierabend!“ Die letzten Worte schreit Bronsius nur noch, wirft das Handy weg und rennt direkt auf Brinker zu. Mit riesigen, schweren Schritten.
Brinker zuckt zusammen, als er den massigen Mann auf sich zukommen sieht. Der trägt über seinem Blaumann eine dicke Jacke, und Brinker mag sich nicht ausmalen, was er da so drin hat. Der Typ scheint unberechenbar.
Bronsius, jetzt völlig von Sinnen, rennt weiter, keine zwanzig Meter mehr von Brinker entfernt. „Ich mach dich fertig, du! Jetzt hört der Spaß auf! Niemand verbietet mir jemals wieder, von meiner Erfindung zu sprechen! Niemals!“

„Soll ich schießen? In die Luft, meine ich“, fragt einer der Polizisten.
Aber Brinker schüttelt den Kopf, weil er hinter Bronsius plötzlich Barbara Bott entdeckt, die, immer noch barfuß, hinter ihm herläuft. Und schreit: „Bert! Warte! Das hat doch keinen Sinn! Lass uns reden! Lass mich dir helfen! So wie du mir geholfen hast!“
Bronsius scheint mitten im nächsten Schritt einzufrieren.
Er dreht sich um und lächelt. „Sie haben ... Bert gesagt.“
„So heißt du doch. Bert. Und ich — bin Barbara.“
Sie hat ihn schon eingeholt und steht dicht vor ihm. Flüstert ihm etwas ins Ohr. Lange. Dann lächelt Bronsius noch einmal, dreht sich zu Brinker um und hebt die Hände.

In einem Lieferwagen in der Innenstadt
André Linke schüttelt nur noch den Kopf. Gerade hat er für einen Kunden in Elberfeld ein Catering für eine Firmenfeier ausgeliefert und will jetzt eigentlich nur nach Hause. Geht nicht, er steht mal wieder. Seit Ewigkeiten.
Sein Handy klingelt. „Ja, ich weiß. Ich bin schon wieder spät dran. Ich halt’s auch langsam nicht mehr aus hier. Schon wieder so ein Chaos. Die haben hier alles abgesperrt rund um die City-Arkaden. Was geht denn jetzt wieder ab in dieser Stadt? Wie, ein Facebook-Video auf dem Parkdeck? Irgendein Erfinder? Was soll denn das bedeuten? Und dafür sperren die hier die halbe Stadt ab? Ja, geht’s denn noch? Ehrlich, als Nächstes kaufe ich mir einen Hubschrauber. Gruselig. Okay. Dann warte ich halt. Wie immer.“ Aber es dauert nicht mehr lange.

Für Bert Bronsius dagegen schon. Obgleich er sich auf dem Parkdeck der City-Arkaden dank Barbara Bott, die plötzlich in all ihrer Angst noch einen Funken Mut fand, ergeben hat, braucht es einige Zeit, bis er Hauptkommissar Brinker glaubhaft versichern kann, dass hier keine doppelte Entführung vorliegt, sondern vielleicht eine halbe. Und dass er mitnichten ein mysteriöser Stalker ist, sondern vielmehr eine Anwohnerin aus seiner Straße vor einem solchen gerettet hat, der dort womöglich sein Unwesen treibt. Brinker gibt noch in der Nacht eine Fahndung heraus.

Zwei Wochen später, in einem Einfamilienhaus in Cronenberg
„Ja, vielen Dank noch einmal, dass Sie mir da so geholfen haben. Ich komme dann nächste Woche vorbei.“ Bert Bronsius legt auf und dreht eine langsame Runde um seinen Bronsikopter, der wieder wohlbehalten in seiner Garage steht.
Natürlich ist er zunächst beschlagnahmt worden. Und natürlich hat sein Anwalt eine Menge damit zu tun, ihn wegen massiver Verkehrsbehinderung, Online-Kriminalität, fahrlässiger Körperverletzung und noch einigen weiteren Delikten, die er binnen dreier Tage im April begangen hat, zu vertreten.
Aber: Tina Toninos verunglücktes Video, aufgenommen auf dem Parkdeck der City-Arkaden, ist europaweit viral gegangen, genauso wie die gesamte Berichterstattung der nächsten Tage, die der WZ im Übrigen Rekordverkäufe im Einzelhandel und 500 neue Abonnenten verschafft hat.
Und so ist ein Wuppertaler Investor auf das Projekt Bronsikopter aufmerksam geworden. Er könne sich das Fluggerät zunächst für den Werksverkehr auf dem Gelände großer Konzerne vorstellen. Und dann ... mal sehen. Auch ein gewisser André Linke hat schon bei ihm angerufen. Er sagt, wenn das Ding ausgereift sei, solle er sich melden, er habe die Nase voll von den ganzen Staus, er nehme gleich zwei. Wer weiß, was das noch wird, denkt Bronsius und tritt aus der Garage in den Garten. Die hohen Tannen zur Straße hin hat er kürzen lassen. Auch, weil Barbara Bott neuerdings einen großen Hund hat und ihn jeden Morgen ausführt. Und er weiß, sie wird gleich die nächste Runde drehen. Und dann möchte er gerne Guten Morgen sagen. Sie grüßt immer so freundlich zurück. Vielleicht geht sie mit ihm ja mal einen Kaffee trinken, wenn er sich endlich traut, sie zu fragen. So oder so wird er ein Auge auf sie haben. Sie beschützen. Falls der schwarze Mann wiederkommt. Man weiß ja nie.

Vor dem WZ-Medienhaus
Tina Tonino und Moritz Brinker haben die Wupper gerade überquert, als sich ihre Hand endlich in seine verirrt. Zwei Tage lang hat sie ihn gehasst dafür, dass er es auf dem Parkdeck fast vermasselt hätte. Aber auch ein Kommissar ist nur ein Mensch, und auch ein Brinker macht mal Fehler.
„Na dann ... bis die Tage“, sagt sie, stellt sich vor ihn und will ihn in den Arm nehmen. Aber er nimmt sie nicht in den Arm. Er legt ganz sanft seine Hand an ihren Nacken, so dass von Kopf bis Fuß alles ganz unerwartet und wunderbar kribbelt. Sie schließt sofort die Augen, er seine, und was dann passiert, gehört nur ihnen beiden.
Na ja, nicht ganz. Denn sie merken nicht, dass ein groß gewachsener Mann ein Stückweit entfernt im Dunkel steht und ein Foto nach dem anderen macht. Während sich ein teuflisches Grinsen in seinem Gesicht ausbreitet.

Ende

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