Neuer Verein Polizeihistorie: „Seitenblick“ auf die Geschichte

Der neue Verein fördert die Forschung zur regionalen Polizeihistorie.

Neuer Verein: Polizeihistorie: „Seitenblick“ auf die Geschichte
Foto: Otto Krschak

Wuppertal. „Seitenblick Polizei — Geschichte — Kunst“ heißt der Verein, der die lokale Polizeigeschichte aufarbeitet und dabei auch den Teil der Historie nicht ausspart, der der Polizei nicht zur Ehre gereicht: die Zeit zwischen 1933 und 1945, wo das 1939 erbaute Polizeipräsidium auch die Zentrale der hiesigen Kriminalpolizei und der Gestapo war. Auf Initiative der Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher wurde der Verein im Frühjahr gegründet.

Kaum etwas anderes dokumentiert dieses dunkle Kapitel besser als ein nur noch zum Teil sichtbares Wandgemälde des Düsseldorfer Kunstprofessors Hans Kohlschein im Polizei-Präsidium, das hoch zu Ross einen Polizisten und einen Soldaten zeigt. „Ursprünglich war darauf noch ein SS-Mann zu sehen, der ist aber von der Brandschutztür verdeckt“, erklärt Klaus Theisen. Er ist Angestellter bei der Polizei-Direktion und seit 2001 für Öffentlichkeitsarbeit zuständig, außerdem jetzt Vorstandsmitglied bei Seitenblick.

Das Bild sollte die „neue Zeit“ symbolisieren. Entfernt wurde das Hakenkreuz aus der Flagge des trutzigen Soldaten. Ebenso sind die Nazi-Kennzeichen auch auf den Reichsadlern auf Tür- und Fensterscheiben nicht mehr zu sehen in der Polizei-Zentrale, die das Bombardement auf Barmen schadlos überstanden hat.

Nach dem Zusammenbruch des NS-Reiches 1945 und der Flucht der SS aus dem Präsidium kamen die in Schutzhaft genommenen Gefangenen frei und ließen einen Teil ihrer Wut an dem Bild aus. „Insofern sind die Beschädigungen Teil der Geschichte“, sagt Theisen.

Weitere Gemälde im „Blut- und Boden-Stil“ zieren die Wände des Präsidiums. „Nach dem Krieg wurde überlegt, was mit dieser von Kennern eher als wenig hochwertig bezeichnete Kunst geschehen soll. Doch man kam überein, dass diese Werke einen Teil der deutschen Geschichte wiedergeben“, so Theisen. So erklärt Historiker Michael Okroy im Auftrage der Begegnungsstätte Alte Synagoge seinen Zuhörern bei den seit 2003 durchgeführten Führungen die Geschichte der Wandgemälde.

Das Polizeipräsidium, speziell der große Festsaal, war auch Ausgangspunkt diverser Nazi-Verbrechen wie der Deportation von Juden, Sinti und Roma, von Razzien und anderer Aktionen gegen das eigene Volk. Nicht nur die Zeit des Dritten Reiches, auch die Nachkriegsgeschichte ist dokumentiert: die im Präsidium abgehaltenen Sitzungen des Stadtrates, die Wahl von Robert Daum als erstem Wuppertaler Oberbürgermeister nach dem zweiten Weltkrieg. Vor allem jedoch der Neuaufbau der Polizei, nachdem die britische Besatzung die Schergen des NS-Regimes entlassen hatte.

Die sich ständig verbessernde technische Ausrüstung der Polizei, die wieder den Rechtsstaat verkörperte, der an die Kriegsverbrechen erinnernde Bialystok-Prozess im Präsidium, all dies ist lebendig gehaltene Geschichte. Auch ein Blick in die Vergangenheit, der Weg von der Königlichen Polizei 1852 zur Polizei-Direktion Barmen, der 1922 die selbständigen Städte Elberfeld, Barmen, Cronenberg, Remscheid, die später ihren Sitz in Elberfeld hatte, vervollständigen das historische Bild.

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