Wuppertal Pedelec dient als Trainer und Wanderführer

Eine Arbeitsgruppe an der Bergischen Uni arbeitet an einem Fahrrad, das verschiedenste Funktionen vereint.

Wuppertal: Pedelec dient als Trainer und Wanderführer
Foto: Andreas Fischer

Freudenberg. Ein Fahrrad, das mitdenkt. Das entscheidet, welchen Weg der Radler am besten einschlägt. Den kürzesten, den landschaftlich reizvollsten oder den sportlich herausforderndsten. Das zeigt, wo welche interessanten Orte am Rand liegen. Alles gesteuert direkt über eine App. Das Pedelec wird zum Fitnesstrainer — und trotzdem kommt man noch von A nach B. An der Umsetzung arbeiten Dr. Sigmund Schimanski, der Leiter der Arbeitsgruppe „Human Factors Engineering“, und seine Studenten an der Bergischen Universität.

„EmoTal - Nutzerzentrierte Elektromobilität Wuppertal“ ist das Verbundprojekt überschrieben, das kürzlich vom Bundesministerium für Bildung und Forschung verlängert worden ist. Unter anderem die RWTH in Aachen ist beteiligt, koordiniert wird EmoTal aber im Tal, eben bei Schimanski und seinem Team. „Interdisziplinär“, wie der Chef, der bei seinen Studenten aber nur Sigi heißt, mit einem Schmunzeln erklärt. Unter anderem Informatiker arbeiten mit, die sich „freuen, dass sie nicht nur am Computer sitzen, sondern auch mal was Löten können“. Betriebswirtschaftler sind dabei. Und eine Psychologie-Studentin habe zum Beispiel die Fragebögen erarbeitet. Denn „nutzerorientiert“ ist einer der Begriffe, die im Gespräch mit Schimanski immer wieder fallen. Genau wie „Praxis“. „Harte Praxis“, wie Schimanski ergänzt. Denn alles, was seine Arbeitsgruppe entwickele, solle vor allem „anwendernah“ sein. Sprich: In die Entwicklung des Pedelecs mit all seinen Gimmicks sollen vor allem die Ideen von Radlern einfließen. „Was wollen die?“, fragt Schimanski, selbst begeisterter Fahrradfahrer.

Doch die Wünsche der Radfahrer seien nur schwer zu verallgemeinern. Deshalb soll Wayfit — so der Arbeitstitel der App — möglichst viele Funktionen bieten. Wer aus seiner Route durch die Stadt eine Kneipentour machen und Lokale an der Strecke aufsuchen wolle, solle ebenso zufrieden gestellt werden, wie der Sportler, der in Wuppertal eine Tour-de-France-Etappe nachfahren möchte, erklärt Schimanski. Natürlich könnte das Bergische Land nicht mit den Bergen der Alpen mithalten. Aber die Schwierigkeit lasse sich zum Beispiel über den Widerstand beim Treten simulieren, erklärt Adalbert Nawrot, einer der Studenten, der schon länger in der Arbeitsgruppe dabei ist.

Der Ex-Handballer zeigt auch noch ein anderes Beispiel, wo die App helfen kann. „Zum Beispiel beim Bergischen HC in der Vorbereitung“, erklärt er. Die Mannschaft fahre zwar im Tross, das Fahrrad fordere dank der Vernetzung aber jeden Fahrer individuell. „Das hilft aber auch, wenn man zum Beispiel in der Familie fährt“, fügt Schimanski hinzu. Die App sorge dafür, dass sich bei Gruppenfahrten alle Fahrer dem langsamsten — zum Beispiel einem kleinen Kind — anpassen.

2018 soll die App, die Studenten derzeit in einer Beta-Version testen, marktreif sein. Das Fahrrad dann in 2019. Ein Prototyp steht bereits am Campus Freudenberg. Auf den ersten Blick ein normales Pedelec. „Es wird sich auch später optisch nicht groß davon unterscheiden“, sagt Schimanski. Der Halter fürs Handy steckt schon am Lenker. Bio-Sensoren werden noch hinzugefügt, die aus dem Rad ein mobiles Fitnessgerät machen werden. Und das Antriebssystem, so der Wunsch des Teams, wird zukünftig sogar noch mehr versteckt. Preislich allerdings, das ist das erklärte Ziel, soll sich das Fitness-Bike an den normalen Pedelecs orientieren. Als Ausgangspreis seien um die 3000 Euro angepeilt, so Schimanski.

Navis für das Fahrrad, die gebe es natürlich schon, auch von anderen Anbietern. So viele Funktionen und in dieser Kombination wie Wayfit biete das aber niemand, sind Schimanski & Co. überzeugt.

Komplettiert werde das Angebot durch eine Webplattform, auf der sich die Nutzer auch austauschen können und Feedback zu bestimmten Strecken hinterlassen können — das wiederum in die App einfließt. Unterwegs können die Nutzer zum Beispiel Mängel melden — die, so die Idee von Schimanski, direkt an die Stadt weitergegeben werden. Mit der Verwaltung stehe man bereits in Kontakt. Auch Martin Bang von Wuppertal Marketing findet Wayfit „total spannend“. Man brauche immer Ideen, „die Stadt neu zu entdecken“. Gerade die Kombination aus Sport/Fitness und Navigationsgerät sei spannend. „Wayfit wäre auch eine gute App für Touristen in der Stadt“, so Bang.

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