Ohne Referendare keine Lehrer - Grundschulen in Not

Weil Bewerber fehlen, bleiben viele Stellen unbesetzt. Das hat zum Teil dramatische Folgen für die Arbeit an den Schulen.

Ohne Referendare keine Lehrer - Grundschulen in Not
Foto: dpa

Wuppertal. Ausgefallene Stunden, wegfallende Förderangebote oder Lehrer, die zwei Klassen gleichzeitig unterrichten — das sind die Auswirkungen eines wachsenden Lehrermangels an den Grundschulen. An den 56 Wuppertaler Grundschulen sind nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nach derzeitigem Stand 41 Stellen nicht besetzt. Bei der Bezirksregierung heißt es dagegen: „Der rechnerische Bedarf an Lehrkräften in den Grundschulen in Wuppertal ist aktuell vollständig gedeckt.“

Helga Krüger von der GEW erläutert, dass für das nächste Schuljahr 48 Stellen ausgeschrieben sind, aber erst für sieben davon Bewerber gefunden wurden. Die Stellen würden nun erneut ausgeschrieben.

Arno Schulz, Leiter des Wuppertaler Schulamts, bestätigt: „Wir schreiben natürlich jede Stelle aus.“ Jessica Eisenmann, Sprecherin der Bezirksregierung, erklärt: „Die Bezirksregierung Düsseldorf schreibt derzeit alle leergelaufenen Stellen noch einmal aus, da aktuell noch Lehrkräfte ohne ein Stellenangebot auf dem Arbeitsmarkt sind.“ Helga Krüger ist skeptisch: „Es gibt natürlich Hoffnung, dass alle Stellen besetzt werden, aber die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering.“ Sie verweist darauf, dass die Bezirksregierung jetzt auch nach den Listenverfahren vorgehe, also nicht mehr auf konkrete Bewerbungen an einer Schule warte, sondern Absolventen direkt Stellen anbiete.

Die Landesvorsitzende der GEW, Dorothea Schäfer, sagt mit Blick auf die Zahl der Bewerber: „Der Markt ist leergefegt.“ Im ganzen Land seien Stellen noch unbesetzt und man versuche, sie durch Nachrückverfahren zu besetzen.

„Die aktuelle Problematik der fehlenden Grundschullehrkräfte“ sei auch der Bezirksregierung bekannt, sagt Jessica Eisenmann. Als Ursache sehen sie und die Gewerkschaft die Veränderung der Lehrerausbildung. Bei der Umstellung von Staatsexamens- auf Bachelor/Master-Studiengänge sei das Studium verlängert worden: „Die angehenden Grundschullehrkräfte benötigen jetzt zehn Semester (mindestens), statt sechs Semester“, erklärt Jessica Eisenmann. „Daraus ergibt sich ein ‚Leerlauf’ von ungefähr zwei Jahren.“ Nach Angaben der Gewerkschaft hat sich die Zahl der Referendare, die in diesem Jahr ihren Vorbereitungsdienst antreten, halbiert.

Helga Krüger weist darauf hin, dass sich die Vergütung leider nicht der verlängerten Ausbildung angepasst hat: „Warum sollte jemand Grundschullehrer werden, wenn ein Lehrer für die weiterführenden Schulen schon beim Einstieg so viel verdient wie ein Grundschulrektor?“

Sie wirft dem Land vor, dem absehbaren Lehrermangel nicht vorgebeugt zu haben. Es gebe nicht genügend Studienplätze: „Es ist nicht sinnvoll, in dieser Situation den Numerus Clausus aufrecht zu erhalten.“

Die Gewerkschaft fordert, mehr Seiteneinsteiger fest anzustellen und die diversen Testverfahren zur Lernstands- und Sprachstandsmessung auszusetzen, weil sie den Kollegen viel Arbeit machten. Jessica Eisenmann wollte sich nicht konkret dazu äußern: „Derzeit werden Maßnahmen erarbeitet, um der Problematik entgegenzuwirken.“

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