Mucke: „Man zahlt auch Lehrgeld“

Wuppertals Oberbürgermeister hat sein Amt morgen vor genau zwei Jahren angetreten. Im Gespräch mit der WZ zieht Andreas Mucke eine Zwischenbilanz — selbstbewusst, selbstkritisch und optimistisch.

Mucke: „Man zahlt auch Lehrgeld“
Foto: A. Fischer

Wuppertal. Am 21. Oktober, jährt sich zum zweiten Mal der Tag, an dem Andreas Mucke sein Amt angetreten hat. Seit zwei Jahren ist er nun Oberbürgermeister seiner Heimatstadt. Das ist ein guter Zeitpunkt, kurz Rückschau zu halten, was war, und auf das zu blicken, was noch kommen soll in den nächsten drei Jahren bis zur Kommunalwahl 2020.

Herr Mucke, was ist Ihr Plan für diese Stadt?

Mucke: Ich bin Oberbürgermeister für drei Bereiche. Ich bin Chef einer Verwaltung mit 5000 Menschen im Konzern Stadt, ich bin Chef des Stadtrates, und ich bin oberster Repräsentant dieser Stadt. Ich sitze viel in Gesprächen. Ich will wissen, wo es hakt. Der Austausch ist mir wichtig.

Aber was ist Ihr Plan für diese Stadt?

Mucke: Wir müssen Antworten auf die aktuellen Fragen finden. Da habe ich mir Schwerpunkte gesetzt.

Welche sind das?

Mucke: Wir brauchen ein Leitbild für diese Stadt, wir brauchen ein Stadtentwicklungskonzept. Wohin soll sie sich entwickeln? Wie soll sie nach außen dargestellt werden? Die Bundesgartenschau ist ein wichtiges Ziel, das Pina-Bausch-Zentrum ist, wenn der Rat den Beschluss fast, ein wunderbares Ziel. Aber wir müssen auch jetzt schon überlegen, was wir danach machen wollen. Ich möchte, dass Wuppertal eine digitale Vorreiterstadt wird.

Wie wollen Sie das tun?

Mucke: Wir wollen uns als Stadtverwaltung digital aufstellen. Wir planen den Breitbandausbau. Wir planen beispielsweise ein digitales Lernlabor im Medienzentrum. Insgesamt wollen wir 28 Million Euro in die Digitalisierung der Schulen investieren. Zukunftsfähige Mobilität ist auch eine Frage der Stadtentwicklung.

Reden wir einmal über die nähere Zukunft. Welche Ziele haben Sie sich für 2018 bis 2020 gesetzt, wenn wieder gewählt wird?

Mucke: Wir werden mit den freien Trägern jedes Jahr fünf bis sechs Kitas in Betrieb nehmen. Es wird jedes Jahr 15 zusätzliche Gruppen in der offenen Ganztagsbetreuung geben. Das brauchen wir, damit die Eltern arbeiten gehen können. Die Wirtschaft braucht Arbeitskräfte.

Die Wirtschaft braucht aber auch Platz, Gewerbeflächen. Davon hat Wuppertal nicht genügend.

Mucke: Wir müssen Flächen anbieten. Deshalb haben wir mit dem Bürgerverein ja auch vereinbart, das Gebiet an der Nächstebrecker Straße im Konsens zu entwickeln. Wir brauchen aber noch mehr für Unternehmen, die hier gut bezahlte Arbeit anbieten und hier Gewerbesteuern bezahlen. Auf die sind wir angewiesen. Deshalb arbeiten wir an einem neuen Gewerbeflächenprogramm.

Wie bewerten Sie die wirtschaftliche Situation Wuppertals?

Mucke: Wir haben sehr gute, renommierte und erfolgreiche Unternehmen. Wir haben im Bergischen Land aber auch die höchste Arbeitslosigkeit, wir haben zu viele Hartz IV-Empfänger, wir haben zu viel Unterbeschäftigung. Mittelfristig muss unser Ziel sein, die Arbeitslosenquote des Landes zu erreichen, langfristig muss sie so niedrig sein wie im Bund.

Wie stehen Sie zum Antrag von CDU und SPD, 110 Hektar Landes für Wohnbebauung bereitzustellen?

Mucke: Den Vorstoß finde ich gut. Wir haben zwar viel Leerstand. Aber die Wohnungen sind oft nicht in so einem guten Zustand, dass sie zu belegen sind. Also müsste einerseits der Bestand saniert werden, das muss sich für den Vermieter allerdings auch lohnen. Außerdem brauchen wir Flächen für hochwertige Wohnungen und sicher auch für Einfamilienhäuser. Da haben wir Nachholbedarf.

Es wäre schön, wenn gegebenenfalls auch die Düsseldorfer erführen, dass es sich im Wuppertal prima leben lässt.

Mucke: Ja. Ich habe ja schon vom Stadtentwicklungskonzept gesprochen. Wir brauchen auch ein neues Stadtmarketingkonzept. Bisher ist es nicht gelungen, den Menschen außerhalb Wuppertals zu vermitteln, dass Wuppertal zwar eine Industriestadt ist, aber eine sehr schöne, lebenswerte. Hier kann man sich schön Wohnen sogar noch leisten.

Sie sind jetzt zwei Jahre im Amt. Ist bisher alles so gekommen, wie Sie es sich erträumt haben?

Mucke: Ich habe immer noch mächtig Respekt vor diesem Amt und ich bin auch mit Respekt und Energie in das Amt gegangen. Das Amt ist noch schöner, als ich gedacht habe, auch wenn es Konflikte gibt und man manchmal anders wahrgenommen wird, als man selbst denkt.

Wo beispielsweise?

Mucke: Ich zahle ja auch Lehrgeld. Alles, was ich sage, wird auf die Goldwaage gelegt. Ich kann mich nicht mehr immer einfach aus dem Bauch heraus äußern. Ich habe gelernt, dass weniger manchmal mehr ist.

Die politische Konstellation im Rathaus ist durch die Groko von SPD und CDU keine, die Ihnen politisch behagt. Sie brauchen den Stadtrat aber, um Ihre Ziele erreichen zu können.

Mucke: Ich arbeite mit allen demokratischen Fraktionen im Rat zusammen, natürlich auch mit der Groko. Ich finde auch, dass ich ein politischer Oberbürgermeister bin. Ich habe meine Positionen, meine Vorstellungen und ich sage meine Meinung. Mein Eindruck ist, dass die Zusammenarbeit mit der Groko in den vergangenen Monaten viel besser geworden ist. Manchmal werden da bewusst auch künstliche Gräben gezogen. Das sind Machtspielchen. Die sind nicht so mein Ding.

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