Mehrgenerationen-Projekte gegen teuren Wohnraum

Bei der Sitzung der Zukunftskommission wurde deutlich, dass in Sprockhövel dringend alternative Wohnformen benötigt werden.

Mehrgenerationen-Projekte gegen teuren Wohnraum
Foto: dpa

Sprockhövel. Die Zukunftskommission „Arbeitsgruppe Stadt- und Quartiersentwicklung“ hatte am Dienstagabend in den dicht besetzten Sitzungssaal im Rathaus in Haßlinghausen eingeladen. Es war die neunte Sitzung, zu der die Moderatoren Wolfram Junge und Thomas Schmitz als fachkundige Referentin Anne Wiegers vom Wohnbund-Beratung NRW mit Sitz in Bochum begrüßten. Ihr Thema waren „innovative Wohnformen für die Kleinstadt der Zukunft“.

Wie Wolfram Junge betonte, hatte die aus Ratsmitgliedern und interessierten Bürgern bestehende zwischen 20 und 30 Köpfe umfassende Arbeitsgruppe mit dem E-Mobil diverse Quartiere besucht, Gewerbeflächen inspiziert und auch zur Verkehrsentwicklung kontroverse Debatten geführt. Die Arbeitsgruppe war zu der Erkenntnis gekommen, dass die Unterversorgung mit bezahlbarem Wohnraum leider noch einige Zeit anhalten würde. Ein misslicher Umstand, unter dem vornehmlich alte Menschen und junge Familien zu leiden haben, der aber auch dazu führen könnte, dass sich immer mehr Menschen von Sprockhövel abwenden und in umliegende Kommunen ziehen würden. Was zur Folge hätte, dass die wichtige Grenze von 25 000 Einwohnern unterschritten werden könnte.

Anne Wiegers, Wohnbund-Beratung NRW

Alternative und vor allem attraktive Wohnformen unter ökologischen Gesichtspunkten, zudem altersgerecht und barrierefrei, müssen also dringend geschaffen werden.

Anne Wiegers hatte neun Beispiele aus der näheren und weiteren Umgebung auf der Videowand erläutert, bei der ihr Arbeitgeber Wohnbund-Beratung mitgewirkt habe. Wie die Referentin berichtete, sei die Nachfrage nach gemeinschaftlichem Wohnen in guter Nachbarschaft groß, wobei die Wünsche nach selbstbestimmtem Wohnen berücksichtigt werden müssten. Gerade alte Menschen brauchen ein starkes Netz mit guter ärztlicher Versorgung, ausreichender Nahversorgung und sozialen Kontakten, um einer „Singularisierung“ entgegen zu wirken.

Anne Wiegers stellte nun Wohnformen vor, in denen sich Ehepaare und Einzelpersonen, in einem Fall auch minderjährige Flüchtlinge in Projekten verschiedener Größe zusammen gefunden hätten. Der Einwand eines Zuhörers, ob auch ein „Friedensrichter“ in dieser Hausgemeinschaft präsent sei, erregte zwar allgemeine Heiterkeit, hatte aber einen ernst gemeinten Hintergrund. „Es muss passen“, so Wiegers zur Zusammenstellung der Gemeinschaften. „Mehrgenerationen-Projekte haben Strahlkraft für das gesamte Quartier“, wurde festgestellt. Deshalb sei es erforderlich, eine größere Anzahl ins Leben zu rufen. So wie beispielsweise in Lippstadt, wo der Kulturring eine Wohngemeinschaft mit Betreuungsleistungen für ältere Mitmenschen geschaffen und damit eine lohnende Investition getätigt habe.

In Wermelskirchen war ein Pflegedienst der Initiator eines Projekts. In Hilden besteht eine Wohngemeinschaft mit Betreuungsleistungen. „Es ist erforderlich, dass die Kommunen derartige Projekte fördern und entsprechende Flächen zur Verfügung stellen“, war die Forderung, in die auch die Schaffung von Gemeinschaftsräumen innerhalb der Projekte einfloss. Jeweils großartige, schon verwirklichte Vorhaben, die jedoch nicht unbedingt für schmale Geldbeutel in Frage kommen. Wie dem entgegengewirkt werden könnte, erläuterte Anne Wiegers am Beispiel des Klosters Merten, wo es für Arbeiten am gemeinsamen Objekt Mietminderungen geben würde.

„Die Ideen zu neuen Wohnformen müssen weiter entwickelt und vorangetrieben werden. Und wer Rat braucht, der findet auch in Sprockhövel Beratungsstellen“, meinte Wolfram Junge in seinem Schlusswort. Er verwies dabei auch auf den Internet-Auftritt der Stadt Sprockhövel.

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