Wuppertal Mehrere hundert ohne Wohnung

Ein harter Kern von bis zu 40 Menschen schläft auch bei eisigen Temperaturen im Freien — auch wenn es genug Notschlafstellen gibt.

Wuppertal: Mehrere hundert ohne Wohnung
Foto: U. Schinkel

Wuppertal. Bei Temperaturen von bis minus zwölf Grad wird das Leben auf der Straße für die Obdachlosen zur Gefahr. 40 000 Menschen sollen in Deutschland auf der Straße leben. In Wuppertal haben nach Angaben der Stadt mehrere hundert keine Wohnung. Betroffene schlafen mal bei Bekannten, mal in Notschlafstellen, mal unter freiem Himmel. Rund 20 bis 40 davon gehörten zum harten Kern, die schon seit Jahren auf der Straße leben.

„Wir kennen unser Klientel und wissen eigentlich, wo sich die Obdachlosen aufhalten“, sagt Martina Eckermann vom Presseamt. Mitarbeiter des Ordnungsamtes suchten bei klirrender Kälte die bekannten Orte auf, um nach den Wohnungslosen zu schauen und sie auf die Übernachtungsstellen der Stadt hinzuweisen.

Eine Statistik der Stadt zeigt, dass die Zahl der Notübernachtungen über das Jahr verteilt meist gleichbleibend bei um die 250 liegt. Meist steigt die Zahl im Dezember und Januar auf 400 an. „Wir kümmern uns aber das ganze Jahr um Obdachlose“, sagt Eckermann. Denn auch hohe Temperaturen können für Obdachlose gefährlich werden. „Wir machen extra niedrigschwellige Angebote. Aber wir können niemanden zwingen, die städtischen Einrichtungen aufzusuchen.“ Die Angebote seien den Betroffenen bekannt, aber es gebe immer wieder Obdachlose, die nicht in die Übernachtungsstellen gehen wollten. Sozialdezernent Stefan Kühn erklärt: „Erwachsene haben ein Recht, sich auch unvernünftig zu verhalten.“ Nur wenn Menschen nicht mehr einsichtsfähig seien, sich selbst oder andere gefährdeten, könne man eingreifen.

Martina Eckermann nennt als Beispiel, dass ein Obdachloser durch eine Drogenerkrankung oder eine psychische Krankheit seine Situation nicht mehr einschätzen könne. Dann könne nur ein Arzt bestimmen, dass der Betroffene in die Psychiatrie eingewiesen werde.

Die Streetworker der Diakonie drehen bei eisigen Temperaturen ihre Runden, um sicher zu stellen, dass die Obdachlosen eine Übernachtungsmöglichkeit haben. Häufig sei es aber schwer, die Betroffenen von der Notwendigkeit zu überzeugen. „Ein beträchtlicher Teil der Wohnungslosen hat eine psychische Erkrankung“, sagt Werner Reschke, Leiter der Beratungsstelle für Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten bei der Diakonie. Diese Personen würden häufig nicht einsehen, dass sie krank sind und würden jegliche Hilfe ablehnen.

„Schlafsäcke an Betroffene auszuteilen, ist auch eine zweischneidige Sache,“, erklärt Reschke. „Viele der Obdachlosen sind alkoholabhängig und da kann es schnell passieren, dass ein Wohnungsloser bei minus zehn Grad in einem vollgepinkelten Schlafsack erfriert.“. Die Diakonie rät deshalb ausdrücklich davon ab, Schlafsäcke zu verteilen.

Die Stadt hat wie in jedem Jahr eine Kälte-Hotline geschaltet, die Bürger anrufen können, wenn sie einen Obdachlosen bemerken, der zu erfrieren droht. Wer die Nummer 563-4020 wählt, erreicht tagsüber das Ordnungsamt und nachts die Feuerwehr.

„Wir bekommen zur Zeit etwa 15 Anrufe pro Tag“, sagt Martina Eckermann. Davon bezögen sich häufig mehrere Anrufe auf dieselbe Person - wenn die Helfer dann mehrfach bei den Obdachlosen auftauchen, würden sie auch mal verärgert weggeschickt. Aber es sei besser, wenn die Leute ein paar Mal zu viel anrufen als einmal zu wenig.

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