Tradition Männerbünde fürs Leben: Studenten-
verbindungen in Wuppertal

Studentische Verbindungen in Wuppertal halten die Tradition hoch - und haben Probleme, Nachwuchs zu rekrutieren.

Wuppertal. „Eine Studentenverbindung — das ist nichts für mich“. Sätze wie diese hört man öfter an der Uni Wuppertal. Aber warum üben Studentenverbindungen für viele keinen Reiz aus? Vielleicht, weil 50 Prozent der Studierenden von vorneherein ausgeschlossen sind. „Interessenten müssen folgende Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen Student sein, katholisch und männlich“, sagt Patrick Beckmann. Der 21-Jährige ist Senior im Vorstand der Verbindung Bergisch Thuringia zu Wuppertal. Frauen — oder Damen wie die Mitglieder der Studentenverbindung sagen — können nicht Mitglied in der Verbindung werden. Das habe einen geschichtlichen Hintergrund, den man ungern aufgeben wolle, so Beckmann.

Die andere Wuppertaler Verbindung, die Unitas Hildburghausen zu Wuppertal, nimmt seit 2015 Frauen auf. „Wir hatten mal ein weibliches Mitglied, zur Zeit aber nicht mehr“, sagt Lars Behrens, der als Senior im Vorstand der Unitas fungiert. Die beiden Studentenverbindungen in Wuppertal sind also derzeit reine Männervereine.

Wer in eine Verbindung aufgenommen werden will, muss über zwei Semester die sogenannte Fuxenzeit bestehen. In dem Jahr kann der Interessent schauen, ob ihm das Verbindungsleben liegt. Die Verbindung hingegen prüft, ob der Kandidat sich eignet. Die Füxe haben wöchentliche eine Fuxenstunde, in der sie ganz praktischen Dinge lernen wie zum Beispiel: Welchen Schuh trägt man zu welchem Anlass oder wie verhalte ich mich, wenn Gäste kommen? Aber auch Vorträge zur Stadt- und Universitätsgeschichte stehen auf dem Programm. Auch Gesangsstunden oder die Geschichte der Verbindung darf nicht fehlen.

Überhaupt wird Tradition in den beiden Verbindungen groß geschrieben. Allein die Sprache unterschiedet sich von der Alltagssprache. Außerdem gibt es festliche Anlässe mit Namen wie Kneipe oder Commers, bei denen die Mitglieder nicht nur die Bänder und Mützen in Farben der Verbindung tragen. Der Vorstand kommt in einer Paradeuniform, dem sogenannten Vollwichs. „Das ist schon eine Ehre, die Verbindung zu repräsentieren“, sagt Beckmann. Wenn man sich bei großen Veranstaltungen daneben benehme, falle das auch auf die Verbindung zurück.

Die Probezeit kann aber auch vorzeitig beendet werden. Auf der Homepage liest sich das so: „Nicht selten wird diese Probezeit vorzeitig beendet, sei es, dass sich der Bewerber nicht wohlfühlt, sei es, dass wir unsere Erwartungen nicht erfüllt sehen. Denn für die Aufnahme in einen Lebensbund muss einfach alles stimmen.“

Lebensbund meint, dass sich auch ehemalige Studenten, die sogenannten „Alten Herren“ um die aktiven Studenten kümmern oder ihnen auch bei der Karriere unter die Arme greifen. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man sich an die Alten Herren wenden kann, wenn es um ein Praktikum oder den Berufseinstieg geht“, sagt Beckmann, der an der Uni Wuppertal studiert.

Die Bergisch Thuringia verfügt über ein eigenes Verbindungshaus. Es dient als Treffpunkt, bietet aber auch genug Raum für sieben Studentenzimmer. Der großzügige 20er Jahre Bau liegt unterhalb der Uni und beherbergt außer den Zimmern der Studenten einen großen Saal, ein Wohnzimmer, ein Billardzimmer und einen Keller mit Bar. Gegrillt wird im Garten am Hang.

Das Zusammenleben und die gemeinsam geplanten Aktionen habe eine andere Qualität als Kontakte an der Uni. „Wir organisieren viele Veranstaltungen. Dabei werden auch Konflikte ausgetragen und das schweißt zusammen“, sagt Philipp Knühmann, Consenior bei der Bergisch Thuringia. Behrens fühlt sich durch die Verbindung auf das Berufsleben vorbereitet: „Es ist wie in einer Firma. Wir sehen uns jeden Tag und müssen uns miteinander arrangieren.“

Und warum haben die beiden Verbindungen es so schwer, neue Mitglieder zu gewinnen? Die Bergisch Thuringia hat sechs aktive Mitglieder, bei der Unitas engagieren sich zehn Studenten. Beckmann meint, dass es kaum bekannt ist, dass es Verbindungen in Wuppertal gibt. Knühmann lokalisiert das Problem woanders: „Wenn ich sage, ich bin in einer Verbindung, heißt es gleich, ich sei ein Nazi, ein Chauvi und ein Sexist.“ Das seien Vorurteile, gegen die man nur schwer ankomme. Behrens weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in Frauenverbindungen auch keine Männer erlaubt sind.

Vorurteilen wie diesen versuchen die Unitas und die Bergisch Thuringia zu begegnen, indem sie Gäste einladen. Vielleicht findet der eine oder andere dabei ja heraus, dass das Verbindungsleben etwas für ihn sein könnte.

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