Kulturfördergesetz ist noch nicht angekommen

Kulturschaffende und Politiker ziehen in der Alten Feuerwache eine Bilanz der Kulturpolitik in NRW in den vergangenen fünf Jahre.

Kulturfördergesetz ist noch nicht angekommen
Foto: A. Fischer

Der Wahlkampf in NRW läuft auf Hochtouren. Hatte deswegen die SPD in das Café der Alten Feuerwache eingeladen, um ihre tollen landeskulturpolitischen Aktivitäten der letzten Jahre vorzustellen? Bundestagskandidat Helge Lindh als Modarator des Podiumsge-sprächs schob jedenfalls solchen Spekulationen einen Riegel vor. Unter dem Thema „Kultur in Stadt und Land - hoch und breit“ ginge es parteiunabhängig hauptsächlich um den Ist-Zustand der Kultur des bevölkerungsreichsten deutschen Bundeslands und deren Perspektive.

Trotzdem hörten sich die Worte zunächst einmal wie eine Selbstbeweihräucherung an, mit denen die kulturpolitischen Sprecher des Landtags Andreas Bialas (SPD) und Oliver Keymis (Bündnis 90/Die Grünen) das Kulturfördergesetz (KFG) vorstellten, das am 23. Dezember 2014 in Kraft trat. Es sei der „beste Teil der Koalition“, betonten die beiden Abgeordneten. Darin ist unter anderem die Ermöglichung der schöpferischen Entfaltung eines jeden und Offenheit wie Verständnis für künstlerische Ausdrucksformen und kulturelle Vielfalt festge-schrieben. Außerdem soll damit den Kommunen, die ganz überwiegend Kunst und Kultur stemmen (Bialas: „Die Masse machen die Städte“), geholfen werden.

Solch ein Gesetz ist einmalig in Deutschland. Jetzt ist man neugierig geworden. Keymis: „Thüringen und der Landtag Bayerns zeigen Interesse.“ Doch groß herumgesprochen hat sich in NRW das KFG wohl noch nicht so richtig.

Wuppertals Opernintendant Berthold Schneider kennt es noch nicht, meint aber: „Das scheint ein interessantes Gesetz zu sein - wow, oha.“ Derzeit ist für ihn die Landespolitik nicht so wichtig, wie er es gerne hätte. Etwa habe er „die Pistole auf der Brust“, wenn es um Tariferhöhungen geht. Das Land als Puffer wäre sehr hilfreich.

Auch Björn Krüger von der Kulturwerkstatt Alte Feuerwache, Vertreter der freien Kulturszene, kennt sich noch nicht so richtig damit aus: „Das Gesetz ist noch nicht angekommen.“ Für ihn sind Finanzierungen von Projekten wichtig. Einig war sich die Runde, dass sich strukturell manches ändern müsse im Umgang mit Kulturinteressierten und solchen, die es noch werden wollen.

Als Beispiel dafür, wie Kinder integriert werden können, wurde das Pucinella-Projekt der Wuppertaler Oper über den grünen Klee gelobt. Heinz Theodor Jüchter, ehemaliger Kulturdezernent Wuppertals, schwelgte in alten Pina-Bausch-Zeiten und hob das Stück „Kontakthof“ hervor, das die 2009 verstorbene Choreografin auch mit Senioren und Jugendlichen inszeniert hat. Er freute sich, dass bei dem Aufbau des Pina Bausch Zentrums im ehemaligen Schauspielhaus Stadt, Land und Bund kooperieren. Doch die laufenden Betriebskosten danach sind noch nicht in trockenen Tüchern. Bialas: „Das müssen wir hinbekommen. Es ist eine wesentliche überparteiliche Aufgabe.“

Es wurde aber auch deutlich, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Schneider merkte an, dass die Grundgehälter von Solisten in der Oper denen eines Mindestlohns vergleichbar seien. Robert Kissel, Mitglied des Sinfonieorchesters Wuppertal, meldete sich aus dem Auditorium zu Wort. Nicht fest angestellte Musiklehrer würden für sehr wenig Geld arbeiten, während der Schulferien nicht durchbezahlt. Kleinlaut waren daraufhin Bialas und Keymis. Sie seien über diese Misere informiert. Es dauere aber, bis sich daran etwas ändert.

Fazit der knapp zweistündigen Veranstaltung: Trotz eines zwei Jahre alten anscheinend schönen Kulturfördergesetzes, das wohl noch nicht ordentlich kommuniziert worden ist, gibt es kulturpolitisch weiterhin sehr viel zu tun.

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