WZ-Interview: Familiär, innig und treu - Das Publikum hält zum Tanztheater

Wuppertal. Frau Albrecht, auch wenn die Saison noch nicht allzu alt ist, hat das Wuppertaler Tanztheater bereits zahlreiche Gastspiele gegeben - in Schottland, Spanien, Frankreich und England.

Auch in New York waren die Tänzer im Einsatz - als sie "Vollmond" an der Brooklyn Academy of Music vorstellten. Insgesamt 16 733 Zuschauer erlebten die Aufführungsserie. Wie war die Reaktion des Publikums?
Cornelia Albrecht:
Fabelhaft und unglaublich warm - gerade für New Yorker Verhältnisse mit ungewöhnlichem Enthusiasmus. Es war eine ganz besondere, beinahe magische Situation.

Wie reagiert denn das Publikum in New York normalerweise?
Albrecht:
Das Tanztheater wird immer besonders herzlich willkommen geheißen. Es gab wieder minutenlang stehenden Applaus - diesmal noch mehr als üblich.

In New York gastiert das Tanztheater bereits seit 25 Jahren. Sind die Auftritte dort schon so etwas wie Heimspiele?
Albrecht:
Ja, es ist geradezu familiär und wie ein "coming home". Über die Zeit ist eine intensive Verbindung gewachsen. Das spürt man.

Reagieren die Zuschauer anders, seitdem Pina Bausch nicht mehr dabei ist?
Albrecht:
Wir merken, dass das Publikum außerordentlich treu ist. Als wir vor einer Woche "Água" im Opernhaus aufgeführt haben, war auch zu spüren, dass eine emotionale und innige Begleitung stattfindet. Das ist sehr positiv und wunderbar.

Haben Sie seit dem Tod von Pina Bausch mehr oder weniger Gastspiel-Anfragen?
Albrecht:
Die Nachfrage ist absolut ungebrochen. Wir könnten wahrscheinlich noch 100 Jahre lang das ganze Repertoire weiterspielen. Es gibt enorm viele - vor allem internationale - Anfragen, auch von neuen Interessenten. Wir schaffen es bei weitem nicht, alle zu bedienen. In dieser Spielzeit geben wir so viele Gastspiele wie nie zuvor. Wir sind damit absolut am Limit und müssen nach der Saison unbedingt wieder zur Normalität übergehen. Das heißt, sich auch wieder verstärkt Zeit nehmen für Proben, innehalten, nachdenken und Atem holen.

Wie ist die Stimmung im Ensemble?
Albrecht:
Die Stimmung ist sehr gut. Das Ensemble ist - wegen der vielen Einsätze - immer unter Hochspannung. Es ist schön zu sehen, wie freundlich der Umgang miteinander ist und mit welcher Freude und Leidenschaft die Tänzer das schöne Werk von Pina Bausch aufrecht erhalten. Ich habe große Zuversicht in die Zukunft. Es ist wunderbar zu sehen, wie sich das Tanztheater entwickelt.

Das Tanztheater war in der Vergangenheit im Opernhaus genauso zu Hause wie im Schauspielhaus. Wie erleben Sie die Diskussion über die drohende Schließung des Schauspielhauses?
Albrecht:
Bei der jüngsten Podiumsdiskussion im Kleinen Schauspielhaus fand ich es sehr ermutigend, dass sich alle Akteure auf dem Podium konstruktiv geäußert haben und nachdenken, wie man das Schauspielhaus retten kann. Ich hatte den Eindruck, dass das nicht nur Lippenbekenntnisse sind. Natürlich ist es eine schwierige und komplexe Situation. Wo Geld knapp ist, wird es für die Kunst immer gefährlich. Das Land und alle Entscheidungsträger sind gefragt, zusammen mit den kulturellen Akteuren vor Ort eine konkrete integrale Lösung zu suchen. Ich halte es für sehr wichtig, dass man gerade in schwierigen Zeiten alle Sparten und beide Spielstätten - Opernhaus und Schauspielhaus - beibehält. Alles andere wäre ein enormer Verlust und nicht wiedergutzumachen für Wuppertal.


Worauf freuen Sie sich in dieser Saison am meisten?
Albrecht:
Das kann ich gar nicht sagen, es gibt so viele Höhepunkte. Jetzt freue ich mich über die Heimspiele mit "Sweet Mambo" im Opernhaus und auf das Gastspiel in Monaco. Vom 17. bis zum 19. Dezember zeigen wir dort "Café Müller" und "Das Frühlingsopfer". Wir sind gespannt.

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