Wuppertaler Künstlerpaare (5): Ein Paar hält anderen den Spiegel vor

Sabine Misiorny und Tom Müller machen seit 22 Jahren Theater. Das Duo pflegt Teamarbeit — vor, auf und hinter der Bühne.

Wuppertal. Das Duo hat Humor, gar keine Frage. Während manche Beziehungen an der berühmten Zahnpastatube scheitern, die in nicht geschlossenem Zustand zu offenen Diskussionen führen kann, nimmt Tom Müller die ewigen Missverständnisse zwischen Männern und Frauen einfach nicht (mehr) ernst. Im Gegenteil: Der 45-Jährige lacht darüber — und das auch noch vor Publikum.

Dass er gelassen bleibt, liegt an seiner Frau Sabine Misiorny, der er seit mehr als 20 Jahren vertraut. Die beiden Schauspieler und Regisseure, die aus der bergischen Bühnenlandschaft nicht mehr wegzudenken sind, haben ihre Theaterwurzeln in Wuppertal. Ob im einstigen Forum am Arrenberg, im früheren Rex-Theater oder nach wie vor im TiC: Überall profitieren sie davon, dass sie auf Beziehungskomödien spezialisiert sind. „Bevor Probleme auftauchen, haben wir sie schon auf der Bühne ausgelebt“, sagt Müller schmunzelnd. „Streitmöglichkeiten“ gibt es immerhin viele: Allein den Kampf um die Zahnpastatube hat er „schon mindestens 60-mal“ auf offener Bühne ausgetragen.

Berufs- und Privatleben nicht immer trennen zu können, hat also durchaus Vorzüge. Denn: „Wir schreiben auch auf, was wir privat erleben, und lassen das dann in die Stücke einfließen.“ 25 Stücke hat das eingespielte Duo bereits geschrieben, darunter Kabarettprogramme, Komödien, Musicals und Krimis.

Wie oft sie schon zusammen Theater gemacht haben? „Nach 22 Jahren zählt man so etwas nicht mehr.“ Müller lacht. So viel sei aber verraten: Rund 100 Vorstellungen gibt das Duo pro Jahr.

Gefunkt hat es in Chemnitz. „Das war damals eine Katastrophen-Stadt“, erinnert sich Misiorny. „Wir waren mit einem Düsseldorfer Tournee-Theater unterwegs, in Plattenbau-Wohnungen untergebracht und fern von Freunden. Handys gab es ja noch nicht.“ So wurde eine Pommesbude zum entscheidenden Zufluchtsort. „Da hat es dann irgendwann gefunkt.“ Und beide haben gemerkt, „dass wir uns ausgesprochen gut tun“, wie Misiorny betont. Trotzdem: „Hätte mir damals jemand gesagt, dass es funktioniert, wenn man Tag und Nacht zusammen lebt und arbeitet, hätte ich gesagt: ,Der spinnt.’“

Doch es funktioniert tatsächlich. Weshalb? Da muss Müller nicht lange überlegen. „Teilweise sind wir sehr identisch, teilweise aber auch komplett verschieden.“ Während Misiorny vorsichtig nach Worten sucht, bringt es Müller schnell auf den Punkt.

Die Arbeitsteilung im Regiestuhl funktioniert reibungslos, sagt er. „Sie ist emotional, malt Bilder. Ich bin der Logiker — der Dramaturg, der alles in die Gerade führt.“ Und auch so kann ein Liebesbekenntnis klingen: „Wir geraten nie in Streit. Denn jeder weiß, was der andere nicht kann.“ Die perfekte Ergänzung also.

Zu einer wichtigen Veränderung haben sich beide inzwischen allerdings entschlossen: Das Ehepaar ist von Herzkamp nach Dormagen gezogen. „Wir waren oft eingeschneit“, erzählt Müller. „Im Winter konnten wir viele Vorstellungen nicht wahrnehmen. Das hat Nerven gekostet. Und als Künstler kann man sich das einfach nicht leisten.“

Wuppertal als Bühnen-Heimat möchten sie aber treu bleiben. Zumal es der Ausgangsort für viele amüsante Erlebnisse war. „Manchmal ist das wie eine Gruppentherapie“, erklärt Müller. „Das Schöne ist, wenn Paare sich in unseren Stücken ertappt fühlen und uns am Ende sagen: ,Das ist ja wie bei uns zu Hause!’“

Im Rex habe ein Paar einmal so laut gestritten, „dass ich dachte, gleich kämen Tomaten in unsere Richtung geflogen“. Aber auch diese beiden Gäste versicherten nach Vorstellungsende: Das Theater sei einfach nur überzeugend gewesen — so war der Streit das beste Kompliment für ein Duo, das anderen Paaren erfolgreich den Spiegel vorhält.

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