Vom Berufsmusiker zum Fotografen: Matthias Neumann stellt seine Werke aus

Matthias Neumann ist eigentlich Berufsmusiker. Dann reduzierte er seine Stelle beim Sinfonieorchester und studierte Fotografie. Ende August stellt er seine Werke aus.

Vom Berufsmusiker zum Fotografen: Matthias Neumann stellt seine Werke aus
Foto: Stefan Fries

Wuppertal. „Scheibenputzmittel habe ich immer dabei“, sagt Matthias Neumann. Denn die spiegelnden Glasscheiben der Einkaufstempel im Kontrast zu den vorbeieilenden Passanten sind das zentrale Thema seiner Foto-Serie „Urbanics“. Tagelang streifte der 57-Jährige durch europäische Großstädte, um das richtige Motiv, das perfekte Licht, die ideale Menschenmischung zu finden. Das Ergebnis präsentiert der Foto-Künstler am Wochenende 26./27. August in einer Ausstellung in Küllenhahn.

Anfangs war die Fotografie für den Berufsmusiker ein Hobby. Doch dann bekam die künstlerische Auseinandersetzung mit Fotomotiven immer mehr Gewicht. Der Bratscher des Wuppertaler Sinfonieorchesters reduzierte seine Stelle auf eine halbe, um in Bielefeld Künstlerische Fotografie zu studieren. „Ich bin Kamioka sehr dankbar, dass er mir das ermöglicht hat.“

2012 machte Neumann bei Prof. Suse Wiegand seinen „Master of Arts“, schon zwei Jahre vorher wurde er mit dem 1. Preis beim internationalen Wettbewerb „Glanzlichter 2010“ ausgezeichnet. In den Unterrichts-Räumen seiner Frau Nora Niggeling - ebenfalls eine Bratscherin - hat Neumann direkt an der Sambatrasse eine breite Palette seines Schaffens aufgehängt. „Die Verwischungen sind noch analog entstanden - oft durch heftige Bewegungen der Kamera“, erklärt der Künstler. So werden aus Landschaften oder Häusern abstrakte Bilder mit besonderem Reiz.

„Je weiter ich kam, desto mehr habe ich die Räumlichkeit herausgenommen“, sagt Neumann. Dass führt dann etwa dazu, dass der Betrachter ein Bild mit zwei weißen Ebenen für einen Sandstrand am Meer hält; in Wirklichkeit handelt es sich jedoch um ein leeres Schaufenster mit ein paar toten Fliegen. In den vergangen drei Jahren hat Neumann dann an seiner Serie „Urbanics“ gearbeitet. „Ich möchte, dass die Stadtlandschaft wie eine Bühne wirkt.“

Bis zu 30 Stunden stand er manchmal vor einem Motiv, bis wirklich alles passte. „Der Herr hier vorne sieht aus wie die Statue oben, niemand schaut in die Kamera, und hier wiederholt sich das Rot der Säule von links oben in der Weste der Passantin“, erklärt er. „Am Anfang analysiere ich alles, dann bekomme ich einen Tunnelblick und registriere sofort jede Kleinigkeit.“

Am Wall hat er den Gegensatz zwischen dem kriegsähnlichen Anblick des Abriss-Hauses oben und den entspannt auf den Bus Wartenden unten festgehalten. Oder die „Kathedrale“ vor dem Kölner Dom: In ähnlichem Aufbau wie die Kirche stapeln sich davor Getränkekisten und Einkaufswagen zu einem neuen Anbetungsort.

Als Höhepunkt der Urbanics empfindet Neumann eine Fotografie vom Berliner Alexanderplatz: Die breite Schaufensterscheibe spiegelt die Umgebung, lässt aber gleichzeitig auch das Geschehen hinter der Scheibe sichtbar werden. Davor sitzt einsam ein Bettler auf dem Boden. Auf bestem Papier oder auf Alu Dibond lässt Neumann seine Fotografien groß abziehen. Eine teure Angelegenheit - aber so entfalten die Kunstwerke ihre Wirkung auf den Betrachter.

Eine besondere Aussage verbindet sich auch mit dem bekanntesten Werk von Matthias Neumann „Sprengung“: Im ersten Stock des Verwaltungshauses Elberfeld hängt seine Fotografie der Stadthalle, in deren Mitte ein riesiger schwarzer Vorhang hängt. „Da entstehen schon ziemlich viele Gedanken, wenn man davor steht - und man spiegelt sich in dem Schwarz“, sagt Neumann. Der Kunst- und Museumsverein hat das symbolträchtige Bild für die Stadt gekauft.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort