Inszenierung von Timofej Kuljabin Verdis Oper „Rigoletto“: „Die Handlung hört nie auf“

Der russische Regisseur Timofej Kuljabin inszeniert Verdis Oper „Rigoletto“ in Wuppertal. Premiere ist am 9. April.

Wuppertal. Timofej Kuljabin ist ein umjubelter russischer Regisseur, gilt mit seinen 32 Jahren als Jungstar in der Szene. Internationales Aufsehen erregte er mit seiner Inszenierung von Richard Wagners Oper „Tannhäuser“. Sie wurde als ein „Meilenstein in der russi-schen Wagner-Wahrnehmung“ bezeichnet.

Bald nach der Premiere am 20. Dezember 2014 an der Staatsoper von Nowosibirsk - dem wohl wichtigsten Opernhaus Russlands nach dem Moskauer Bolschoi Theater und dem Petersburger Mariinski-Theater - wurde Wuppertals Opernintendant Berthold Schneider auf ihn aufmerksam und lud ihn für eine Inszenierung ein. Und nun ist er hier in der Stadt. Es ist sein erstes Engagement an einem Theater außerhalb seines Heimatlandes, inszeniert Giuseppe Verdis Oper „Rigoletto“. Der Vorhang dazu hebt sich erstmals am 9. April um 18 Uhr.

Zuvor sitze ich mit ihm in der Kantine des Opernhauses. Ein Dolmetscher und sein Dramaturg Ilya Kukharenko sind dabei. Er wirkt übermüdet, ist deswegen wortkarg, gibt trotzdem bereitwillig Auskunft beziehungsweise überlässt ganz in seinem Sinn ausführlichere Statements seinen beiden Mitarbeitern.

Nur ganz am Rande geht es um den Eklat, den die russisch-orthodoxe Kirche wegen seines Tannhäusers hervorgerufen hatte. Der Erzbischof zeigte nämlich Kuljabin und den Intendanten Boris Mesdritsch an wegen Zweckentfremdung christlicher Symbole und Verletzung von Rechten der Gläubigen. Es gab ein Gerichtsverfahren, das Kulturministerium feuerte Mesdritsch. Kulturschaffende bewerteten das als eine „nie dagewesene Niederlage für die Freiheit der Kunst“. Unterdrückung gebe es gerade in den Provinzen, wird mir berichtet. Manche Theater hätten Angst davor, legten sich deswegen eine Selbstzensur auf: „Sie trauen sich nicht mehr so viel“. Das Team vergleicht diese Zustände: „Wie in der späten DDR“.

Es gebe aber noch ein paar couragierte Regisseure. War Schneider der erste, der Kuljabin eine Einladung aussprach, bekommt er nun „ziemlich viele Angebote“, so der inzwischen mit etlichen Preisen und Auszeichnungen dekorierte Regisseur.

Seinen Wuppertaler „Rigoletto“ siedelt er in der Gegenwart an. Handlung und Figuren werden zeitgenössisch, aktuell transponiert. Rigoletto ist kein buckliger Narr mehr. „Aber der Sack kommt vor.“ Der Herzog stellt als Gouverneur die offizielle Macht dar. Sie ist Basis der Handlung. Kuljabin sieht die Geschichte politisch. Er will aber auch die menschlichen Beziehungen der Protagonisten zueinander mit ihren jeweiligen großen Ambitionen deutlich machen.

Selbstverständlich ist auch Verdis Musik für ihn sehr wichtig. Nicht die Arien, sondern die Duette bilden den Kern der Partitur. Deswegen findet die Entwicklung der Geschichte für ihn durch den Dialog statt. „Ständig passiert etwas. Die Handlung hört nie auf.“ So stehen in seiner Inszenierung bei Solo-Szenen auch immer zwei Leute auf der Bühne. Er spricht Verdi für die Duette einen großen Dank aus. Musik und Geschichte gehören für ihn also eng zusammen.

Über das Bühnenbild will er nicht in die Details gehen - nur so viel: Die zweite Szene des ersten Akts ist „ganz neu ausgedacht“. Alles andere findet in einem Raum statt. „Es gibt zweieinhalb Orte.“ Das Werbeplakat für die Produktion, auf dem in einer schwarzen Plastikfolie eingewickelter Mensch wie auf einer Pressekonferenz vor Mikrofonen sitzt, ist nur ein Bild, wird mir erklärt. „Es ist jemand in Plastik unter anderen Umständen.“

Viel mehr wird nicht verraten. Kuljabin hat sich zweifelsohne über die Entstehungsgeschichte von „Rigoletto“ sehr viel Gedanken gemacht. Denn ausführlich wird mir etwa beschrieben, wie sehr Victor Hugo als Verfasser des Melodrams „Le roi s’amuse“ (die Vorlage zur Oper), der Librettist Francesco Maria Piave und auch Verdi selbst mit der Zensur zu kämpfen hatten.

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