Sturm im Opernhaus zum Saisonauftakt

Thomas Braus startet mit Shakespeares „Der Sturm“ in seine erste Spielzeit als Intendant. Es geht um den Zauber des Theaters und um Aufbruchsstimmung.

Wuppertal. Das Stück, mit dem Thomas Braus seine Intendanz am Schauspiel Wuppertal beginnen wird, ist aufgeladen mit Symbolkraft. Es geht um Magie, Politik, Herrschaft, Schiffbruch und Rettung. Um Themen, die die Politik und Gesellschaft betreffen, aber auch das Theater an sich, das Theater in Wuppertal im Speziellen, sowie die neue Rolle von Braus als Intendant und Schauspieler. Es geht um „Der Sturm“ von William Shakespeare, das am Samstag, 30. September im Opernhaus Premiere feiert.

Allein die Entscheidung zu dem Stück sagt viel aus. Braus hat schon bevor er gewillt gewesen sei, die Intendanz zu übernehmen, überlegt, mit welchem Stück er eröffnen würde. Einerseits - „ich bin ja Theatermensch“ - sei klar gewesen, dass es Shakespeare sein müsste. Und die große Bühne des Opernhauses. Andererseits war die Frage, welches Stück, und mit welcher Richtung. Und so habe er im Rang des Opernhauses gesessen und auf die Bühne geguckt, auf der gerade Techniker zu tun hatten — und er sah eine Geschichte. Eine Geschichte davon, wie Theater entsteht. Denn „Theater fängt im leeren Raum an“. Und er sah die Parallelen zwischen dem Schauspiel Wuppertal und dem letzten Stück Shakespeares. „Ein Riesenschiff geht unter - aber die Menschen werden durch Magie gerettet.“ Und das sieht er auch am Theater Wuppertal - „solange wir spielen, geht das Schiff nicht unter.“ Die Magie des Theaters hält es am Leben.

Mit diesem Ansatz hat er sich sein Team für die Inszenierung zusammengesucht — Marcus Lobbes führt Regie und Pia Maria Mackert verantwortet Bühnenbild und Kostüme — und an der Umsetzung gearbeitet, die einerseits das Stück erzählt, aber auch die Entstehung von Theater mitnimmt.

„Theater braucht nur jemanden, der eine Geschichte erzählt“, sagt Lobbes. So habe man ganz viel leergeräumt. Aber es gehe nicht um die leere Bühne, es geht um den Zauber und Erfindungsgeist, mit dem das Theater etwas erschaffen kann. Und um den Zauber, mit dem Prospero, der Protagonist des Stückes aus den Fugen geratene Machtverhältnisse wieder herstellen kann.

Prospero wurde vor zwölf Jahren vom Thron Mailands vertrieben und landete auf einer einsamen Insel. Dort unterwarf er sich die Ureinwohner, um mit deren Hilfe die neuen Herrscher Mailands auf die Insel zu locken. Er versucht, sie zu verwirren, sie zu täuschen, ihnen den Spiegel vorzuhalten — und seine Tochter zu verheiraten. Aber sie fahren fort mit ihren Machtspielen. Dramaturgin Barbara Noth fasst das wie folgt zusammen: „Der Philosoph ist krachend gescheitert und die Machtpolitiker, die für ihn übernommen haben, sind eine Gurkentruppe“. Am Ende steht die Frage, ob Prospero der Zauberei entsagen wird und in die Realpolitik zurückkehrt. Oder, mit den Worten Noths scherzhaft auf Thomas Braus gemünzt: „Wenn der Schauspieler Intendant wird, ist er der große Bestimmer oder der Knecht, der alles hin- und herträgt?“

Das Stück, untypisch für Shakespeares Königsstücke, ist eine Komödie, die ganz ohne Tote auskommt. Ein Appell an die Magie, an die Kunst, an den Aufbruch. Und so endet es vielsagend mit einem Monolog, den Noth so wiedergibt: „Nur mit euch, mit eurem Windhauch, kann es weitergehen.“

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