Sinfoniker: Auf ekstatische Klänge folgt düstere Schwermut

Das Sinfonieorchester präsentiert ein gehaltvolles Sibelius-Programm in der Stadthalle.

Wuppertal. Die türkisfarben glänzende Robe der Solistin und die in stahlblaues Licht getauchten silbernen Orgelpfeifen im großen Stadthallen-Saal korrespondieren gut miteinander und verbreiten etwas von der kühlen Farbigkeit, Weite und Einsamkeit finnischer Landschaften. Musikalisch aber geht es gar nicht kühl zu beim 7. Konzert des Sinfonieorchesters: Unter der versierten Leitung von Toshiyuki Kamioka präsentieren die Wuppertaler Musiker ein Jean Sibelius-Programm von extremen Stimmungsbildern im spätromantischen Stil geprägt.

Alina Pogostkina ist die Solistin in dem d-Moll Violinkonzert op. 47. Seit sie vor vier Jahren mit diesem Werk den Sibelius-Wettbewerb in Helsinki gewann, gehört die in Petersburg geborene und in Heidelberg aufgewachsene Geigerin zu den Shooting-Stars der Szene. Was hebt sie heraus aus der Masse der Geigenstars und -sternchen? Technisch perfekt sind sie alle, die Raffinessen ihres Instruments müssen sie bis ins I-Tüpfelchen beherrschen. Pogostkina überrascht mit einem schlichten Einstieg, mit wenig Vibrato, mit verhaltenem Ton ihrer Cremona-Stradivari von 1709.

So unspektakulär geht sie auch die früh einsetzende, große Solo-Kadenz an, ehe die Themen-Durchführungen mal freudig strahlend, mal klagend atmen. Das Orchester begleitet mit Zurückhaltung, gesteht der Violine ihre exponierte Stellung zu und fundiert die große sinfonische Form.

Dunkel gefärbter Orchesterklang beherrscht den lyrischen Mittelsatz, während das Finale ekstatisch wirbelt und der Solistin über tänzerisch-ostinatem Rhythmus virtuoses geigerisches Feuerwerk abverlangt: Ihren Sibelius hat die 25-Jährige studiert, da macht ihr keiner etwas vor.

Mit der Tondichtung "Finlandia", der heimlichen finnischen Nationalhymne, begann zuvor das Sibelius-Programm. Der Komponist verherrlicht seine Heimat: Kämpferisch klingt es mit Marsch und Blechbläsern, eine schwermütige Volksweise leiten Holzbläser ein, ehe Fanfaren das Finale durchaus heroisch beschließen.

Die erste Sinfonie in e-Moll op. 39 ist ein an Dramatik reicher Klangfarben-Zauber, von Solo-Klarinette und Paukenwirbel eingeleitet. Kamioka agiert mit ganzem Körpereinsatz, lotst gefühlvoll und präzise durch die Partitur und fordert stimmigen und gediegenen Orchesterklang. Er bindet die kleinteiligen Motive in Zyklen: Helle folgt auf Düsternis, Übermut auf Schwermut. Wüste Orchesterschläge und leise Zupfer beenden das gespenstische, großartige Werk.

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