Niederländerin spielt innig mit Wuppertals Sinfonikern

Solistin Isabelle van Keulen unterstützte gestern die städtischen Musiker, die sich zu ihrer romantischen Seite bekannten.

Wuppertal. "Innenleben" war gestern das 5.Sinfoniekonzert des Sinfonieorchesters in der Stadthalle betitelt. Um wessen Innenleben es dabei gehen soll, bleibt der Spekulation des Hörers überlassen.

In Robert Schumanns d-Moll Violinkonzert mag die verzwickte Rezeptionsgeschichte des Werkes, das 1853 komponiert worden war, aber erst 1937 uraufgeführt wurde, zum Titel inspiriert haben. Ganz gewiss aber bedarf die Aufführung eines lebhaften und reichen inneren Erlebens - beim Solisten, beim Orchester und beim Zuhörer gleichermaßen.

Das gelingt den Ausführenden perfekt. Isabelle van Keulen interpretiert ihre Rolle ohne Dominanz und praktiziert ein klangvolles Miteinander.

Dem kommt die Aufstellung des Orchesters mit den Bratschen gegenüber den ersten Violinen, den in der seitlichen Mitte postierten Celli und der blockhaft aufgestellten Bläser- und Schlagwerker-Riege in der hinteren Mitte sehr entgegen. Toshiyuki Kamioka legt bei seinem Dirigat Wert darauf, den Klang von innen her aufzubauen, um Solo- und Orchesterstimmen mitatmend zu verschmelzen.

Die Niederländerin kann ihren schwierigen Part mit auf- und abwärts rasenden Läufen und zitternden Arpeggien bei aller technischen Perfektion noch deutend gestalten. Das Codathema obliegt sauber aufspielenden und genügend herausgestellten Klarinetten, Hörnern und Bratschen, bis die zahlreichen Variationen von Themen und Motiven endlich zum strahlenden Dur-Schluss führen. Nach diesem anstrengenden Spiel für die Solistin gibt es trotz großer Begeisterung des Publikums keine Zugabe mehr.

Dafür darf es aber noch der ebenfalls ausgewogen und spannungsreich musizierten zweiten Sinfonie (D-Dur, op. 73) von Johannes Brahms lauschen. Kamioka stellt die von vielen lyrisch-liedhaften Melodien geschmückte Sinfonie beschwingt vor, nicht ohne die zahlreichen, abdunkelnden Moll-Einschübe im dynamisch kontrastreichen Spiel herauszuarbeiten.

Das von den Celli eingeleitete, "gesungene" Adagio verlangt ein warmes, inniges Spiel der oft solistisch agierenden Instrumente. Das "Allegretto grazioso" tanzt Kamioka gleichsam auf den Fußspitzen mit, ehe das stürmische Finale seinen ganzen Körpereinsatz fordert. In Sachen Romantik kann man diesem Orchester nichts mehr vormachen: Sie ist seine innere Heimat.

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