Wuppertaler Kultur Literatur: Sie schieben das Karussell wieder an

Torsten Krug, Andreas Steffens und Dieter Quandt geben der Wuppertaler Literaturzeitschrift neuen Schwung.

Wuppertaler Kultur: Literatur: Sie schieben das Karussell wieder an
Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. „Es ist ein solide organisiertes, vollkommen idealistisches Unternehmen“, sagt Andreas Steffens, Schriftsteller und Philosoph. Mit Torsten Krug (Autor, Musiker und Regisseur) und Dieter Jandt (Autor und Rundfunkjournalist) hat er das „Karussell“ wieder angeschoben — die Wuppertaler Literaturzeitschrift ist zu neuem Leben erwacht. „Zum Start haben wir den Schwung der Literatur Biennale genutzt“, sagt Torsten Krug. Das hat gut geklappt, von den 580 gedruckten Exemplaren seien mindestens 300 weg.

Das mit 128 Seiten beeindruckend kräftige Heft widmet sich wie das Literaturfestival dem Thema „Utopie Heimat“. Als weitere Klammer werden in „Karussell“ die Erzählungen der drei Biennale-Preisträger Stefan Ferdinand Etgeton, Helene Bukowski und Yannick Han Biao Federer erstmals veröffentlicht.

Dazu versammelt der Band 46 Erzählungen, Erinnerungen und Gedichte, in die der Leser sich gern vertieft: Es fällt schwer, von diesem „Karussell“ wieder abzuspringen, wenn man einmal gedanklich in Fahrt gekommen ist, viele Texte gehen unter die Haut. Es sind bekannte Autoren aus der Region vertreten wie Jörg Degenkolb-Degerli, Karl Otto Mühl, Ingrid Stracke, Angelika Zöllner und Safeta Obhodjas — aber nicht ausschließlich.

Wuppertal habe zwar eine sehr rege und ungewöhnliche Literaturszene, „aber wir wollten bewusst nicht mehr nur bergische Autoren verbreiten, sondern haben gezielt namhafte Schriftsteller bundesweit angesprochen“, sagt Dieter Jandt. Das sei geglückt, es habe mehr als 120 Einsendungen gegeben, auch Beiträge aus Österreich und der Schweiz. „Das sind nicht Leute, die sonst nirgendwo veröffentlich werden“, bekräftigt Krug. Ein Beispiel ist der gebürtige Wuppertaler Wolfgang Butt, der heute in Südfrankreich lebt und neben seinem eigenen Schreiben Henning Mankell, Arne Dahl und Per Olov Enquist ins Deutsche übersetzt. Eine echte Neuentdeckung ist Herbert Gerstberger: „Keiner kannte ihn“, sagt Krug. „Er hat sich zum ersten Mal getraut, Texte einzuschicken — und die sind toll.“

„Karussell“ ist auch eine Geschichte der Immer-Wieder-Neu-Anfänge. Die ersten Ausgaben haben Jo Mikovich und Jörg Aufenanger 1980 mit Ergebnissen von Schreibworkshops veröffentlicht; 2012/2013 gab es drei Ausgaben unter Federführung der Schriftstellerin Friederike Zelesko. Das neue Redakteurs-Triumvirat hat nun einiges geändert: Es gibt zwei Ausgaben pro Jahr und jedes Mal ein Thema — in der nächsten Ausgabe geht es um „Liebe Lüge“. Für jedes Heft suchen die Redakteure Werke eines anderen bildenden Künstlers aus. Und jede Ausgabe wird öffentlich vorgestellt: „Wir haben schon einige Einladungen“, sagt Krug.

14 Euro kostet die Zeitschrift, reich wird damit aber keiner. „Das ist kein Unternehmen, mit dem sich Geld verdienen lässt“, sagt Krug. „Unter existenziellen Gesichtspunkten ist es sogar verrückt, was wir machen,“ betont Andreas Steffens, „aber es ist eine Leidenschaft, die wir ohnehin haben. Der Anteil der Literatur an der Kultur wird immer geringer. Uns ist wichtig, dass sie lebendig bleibt.“ Auch für die Autoren zahlt sich der Abdruck nicht in klingender Münze aus: Als Honorar gibt es zwei Belegexemplare — „das ist heute leider so üblich“, sagt Steffens.

Die Redaktionssitzungen sind lang und lebhaft. „Wir sind sehr unterschiedlich, uns aber im Qualitätsanspruch ähnlich“, erzählt Dieter Jandt. „Wir waren uns ziemlich einig, was nicht rein soll.“ Das hat teilweise auch Autoren getroffen, die selbstverständlich davon ausgegangen seien, dass sie abgedruckt werden. Reagieren sie dann empfindlich? „Oh ja“, sagt Krug, „aber nicht alle“.

Die drei „Karussell“-Redakteure schreiben alle selbst und können daher auch eigene Texte einreichen. Eine Garantie haben sie aber nicht: Die Texte müssen wie jeder andere in die redaktionelle Ausscheidung.

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