Klassik-Stars glänzen ohne Pomp

Eine kluge Sachverwalterin der Musik traf auf ein Energiebündel: Zwei große Künstlerinnen, Hélène Grimaud und Sol Gabetta, spielten gemeinsam in der Stadthalle.

Wuppertal. Mit Orchestern gastierten sie bereits vor drei beziehungsweise vier Jahren in der Wuppertaler Stadthalle. Aber auch als Duo lockten die Cellistin Sol Gabetta und die Pianistin Hélène Grimaud Gäste aus ganz NRW, so dass der Große Saal inklusive des Chorpodiums zum Auftakt des 25-jährigen Bestehens des Klavier-Festivals Ruhr ausverkauft war.

Sie traten am Dienstagabend ohne Pomp auf: Gabetta im schmalen Schwarzen mit tief ausgeschnittenem Spitzen-Oberteil und im Pferdeschwanz gebändigtem Blondhaar, Grimaud in schwarzer Hose mit pink-violetter Bluse und dunklen Locken.

Ihr Auftreten kündet auch von ihrer Spielweise: Gabetta entpuppt sich als ein mit Emotionen geladenes Energiebündel, Grimaud ist die kluge Sachverwalterin der Musik. Die kann sich gut entfalten in den Händen der beiden Musik-Titaninnen. Aber ob der Große Saal die richtige Location für die intime Kammermusik ist, bleibt dahin gestellt.

Seine hervorragende Akustik entschädigt wohl auch die, die im hinteren Drittel die Interpretinnen kaum sehen können. Schon in Schumanns Fantasiestücken op. 73 zeigt sich, wie gut das Duo in Phrasierung und Ausdruck harmoniert.

Ebenso zart wie erregt entwickelten sich die ineinander übergehenden Sätze — Musik, die zum Wegträumen einlädt. Ohne langsamen Satz schrieb Johannes Brahms seine erste Sonate aus dem Opus 38.

Ganz bei sich sind die Interpretinnen und ganz der Musik verschworen: Grimaud mit thematischen Aufgaben im ersten Satz, wo das Cello in tiefen Klangregistern klagt, und erst im zweiten Satz in die mittlere und hohe Lage wechselt, gleichberechtigt beide Instrumente im letzten Satz mit Fugato-Beginn und Bach´scher Kontrapunktik.

Der sprüht von Klangfülle und dramatischen Wendungen und lässt fast vergessen, dass „nur“ zwei Instrumente beteiligt sind. Debussys Sonate vereint alle Ausdrucksskalen von wilder Expressivität über feine Ironie bis zu wehmütiger Melancholie — perfekt vom Duo vermittelt.

Bei Schostakowitschs d-Moll-Sonate können die Musikerinnen noch einmal ihre Virtuosität zeigen: Perlend fließt die Klavierstimme, breit verströmt das Cello seine Melodie. Ein feuriger Rundtanz entwickelt sich, neckisch tändelt die Cellostimme in hohen Flageoletts über dem Diskantklingeln des Klaviers. Schwermütig seufzt das Cello im Largo, bevor das überschäumende Finale launig und energetisch geladen schließt.

Jetzt hat sich auch Sol Gabettas Haarsträhne gelöst: So kennt man sie beim beseelten Spiel mit ganzem Körpereinsatz.

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